Auf den ersten Blick verursacht der Preis von drei Milliarden US-Dollar, den Apple für den Kopfhörer-Hersteller Beats hingeblättert hat, Stirnrunzeln. Auf den zweiten Blick macht der Kauf aber durchaus Sinn.
Trotz ihrer grossen Beliebtheit – vor allem unter jüngeren Konsumenten – gelten die «Beats by Dr. Dre» unter Kennern nicht als hochwertige Kopfhörer. Technisch gesehen versteckt sich offensichtlich nichts Besonderes hinter dem roten «b», auf das Apple scharf sein könnte. Was das Unternehmen Beats zu bieten und was seinem Käufer bis jetzt gefehlt hat, ist der Zugang zum Musik-Streaming-Geschäft. Ein wichtiger strategischer Schlüssel, will Apple auch künftig eine Vorreiterrolle bei der digitalen Musik-Revolution spielen.
Auslaufmodell Musik-Downloads
Der iTunes-Store markierte 2003 den Anfang der legalen Musik-Downloads im Internet. Apple wurde seither nie müde zu betonen, dass Musik etwas sei, was man besitzen und sammeln wolle. Die jüngste Entwicklung im Online Musik-Geschäft hat Apple zu einem Umdenken gezwungen: Im Jahr 2013 haben die Musik-Verkäufe über iTunes nicht nur stagniert, sondern waren zum ersten Mal in seiner Geschichte rückläufig.
Gleichzeitig verzeichnen Streaming-Dienste wie Spotify derzeit eine jährliche Umsatzsteigerung von 50%. Apple hat es trotz mehrerer Anläufe mit Ping und iTunes-Radio aus eigener Kraft bis heute nicht geschafft, diesem offensichtlichen Konsum-Trend gerecht zu werden
Beats Music is the first subscription service done right.
Die Fertig-Lösung heisst Beats Music
Apple wollte ganz offensichtlich in diesem sich rasch verändernden Markt keine Zeit mehr verlieren und hat sich mit «Beats Music» eine Fertig-Lösung einverleibt. Für 10 Dollar im Monat gibt es bei Beats Music unbegrenzten Zugang zu Musik auf dem Smartphone, ähnlich wie bei Spotify. Vorerst allerdings nur in den USA, weshalb der Dienst hierzulande bislang kaum bekannt war.
Man wolle den Streaming Dienst Beats Music, den es für iOS, Android, Windows und im Browser gibt, vorerest unabhängig weiterlaufen lassen, liess Apple verlauten. Auch der Brand «Beats» soll bestehen bleiben.
Apple und Beats – die perfekte Ergänzung?
Was Apple in Zukunft mit seinen neuen Angestellten und Beats-Gründern Dr. Dre und Jimmy Iovine plant, darüber kann man nur spekulieren. Denkbar wäre zum Beispiel, dass Apple das Musik-Streaming jedem iOS-Gerät kostenlos oder es zu einem sehr attraktiven Preis obendrauf packt. Im Gegensatz zu Spotify & Co. muss Apple mit dem Streaming keine Gewinne erzielen.
Wichtiger wiegt für den Konzern der Anspruch, weiterhin eine führende Rolle bei der digitalen Musik-Revolution zu spielen. Es dürfte dem Computer-Giganten also in erster Linie darum gehen, seinen Kunden weiterhin Musik-Dienste anbieten zu können, die sie auch wollen und sich so weiterhin von der Konkurrenz abzuheben.
Offenbar vertraut man bei Apple darauf, dass Dre und Iovine ziemlich genau wissen, wie die neue Generation von Musik-Kunden tickt. Apple seinerseits verfügt über 800 Millionen iTunes-Konten, wovon angeblich die meisten mit einer Kredit-Karte verknüpft sind. Zumindest auf dem Papier keine so schlechte Paarung.