Geschichten aus alten Zeiten: Für den Autor dieses Beitrags war das Fernsehprogramm, das jeweils am Samstag der Tageszeitung beilag, in Jugendjahren eines der wichtigsten Druckerzeugnisse. Nach gründlichem Studium der Zeittafeln wurden dort mit Leuchtstift sämtliche Sendungen markiert, die es in der kommenden Woche zu schauen galt.
Jugendliche von heute haben für solche Marotten wohl nur mehr ein mildes Lächeln übrig. Denn der Fernsehkonsum hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend vom Diktat der Uhrzeit emanzipiert. Dank Set-Top-Boxen mit Aufnahmefunktion, die sich per Smartphone-App auch von unterwegs aus steuern lassen, kann der «Tatort» vom Sonntagabend ohne Probleme auch am Freitag darauf noch geschaut werden.
Wilmaa macht jetzt Hardware
Rechtzeitig ans Aufnehmen musste man dabei schon noch denken. Doch in Zukunft ist nicht einmal mehr das nötig: Neue Angebote machen sämtliche Planung überflüssig, die Wilmaa-Box und Swisscoms TV 2.0 . Wie ein gigantischer zentraler Videorekorder zeichnen die neuen Dienste die TV-Programme der letzten sieben Tage auf und stellen sie ihren Kunden zur Verfügung.
Die Aufnahmen werden in der «Cloud» gespeichert, auf den Servern der Anbieter. So braucht die neue Set-Top-Box der Swisscom keine Festplatte mehr, sie ist darum kleiner und leiser als die Vorgängermodelle und braucht auch weniger Strom. Dieselben Vorteile gelten auch für die Box von Wilmaa, der ersten Hardwarelösung des Unternehmens, das bislang nur als Internet-Dienst bekannt war.
Speichern in der Cloud vs. USB-Stick
Weil die Aufnahme in der Cloud geschieht und nicht mehr auf dem Gerät des Kunden selbst, können beliebig viele Sendungen parallel aufgenommen werden. Die Swisscom limitiert die Speicherkapazität jedes Kunden aber auf 1000 Stunden, die sich zeitlich unbeschränkt abrufen lassen. Bereits verpasste Sendungen der letzten 7 Tage können noch zu den Aufnahmen hinzugefügt werden – doch ist das Limit von 1000 Stunden überschritten, werden die ältesten Aufnahmen gelöscht.
Wilmaa geht einen anderen Weg: Dort stehen die Programme der letzten 7 Tage jederzeit zur Verfügung. Wer eine Sendung auch danach noch sehen will, hat die Möglichkeit, sie auf einem USB-Stick oder eine Harddisk zu speichern, die an die Box angeschlossen ist.
Das ist umständlicher als die Lösung der Swisscom, hat aber den Vorteil, dass die gespeicherten MP4-Dateien überall hin mitgenommen und an jedem Computer angeschaut werden können.
Ein eigenes Glasfaser-Angebot
Vergleicht man die verschiedenen Gebührenmodelle – auch mit denen anderer TV-Anbieter wie Cablecom, Sunrise oder Quickline – fällt auf, dass Wilmaas Angebot nicht unbedingt durch einen Tiefpreis besticht. Die Box muss einmalig für 199 Franken gekauft werden; danach kostet das Angebot 29 Franken im Monat.
Zusätzlich ist aber ein Abonnement bei einem Internetanbieter nötig – mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 10 Megabit in der Sekunde. Das kostet noch einmal gut 50 Franken im Monat. Zusammen ist das teurer als günstige Kombiangebote anderer Anbieter, die Internet und TV zusammen anbieten. Wilmaa arbeitet an einem eigenen Glasfaserangebot, das später auch kombiniert mit der Box zusammen angeboten werden könnte.
Die Wilmaa-Box als Zweit-Box
Es gehe mit dem neuen Angebot nicht in erster Linie darum, die Konkurrenz preislich unter Druck zu setzen, meint Wilmaa-Sprecher Michael Loss. Im Mittelpunkt stehe vielmehr, den Kunden ein einfaches Fernseherlebnis zu bieten, das stundenlanges Studium von Bedienungsanleitung und komplizierte Menüführungen unnötig mache.
Weil Loss diese Einfachheit bei anderen Anbietern noch vermisst, kann er sich gut vorstellen, dass die Wilmaa-Box im manchen Haushalten auch als Zweit-Box zum Einsatz kommen wird.