Sie heissen Photomyne , Unfade oder Scanner Pro und funktionieren alle nach demselben Prinzip: App starten, Smartphone über eine Foto halten, kurz warten, bis das Bild erfasst ist, nächste Foto. Das klappt bei all diesen Apps ungefähr gleich einfach und schnell: In unserem Test war ein Album mit gut 100 Fotos in jeweils etwa einer Viertelstunde digitalisiert.
Das heisst: Für eine mit rund 500 Bildern gefüllte Schachtel müssten wir mit etwa eineinhalb Stunden Arbeit rechnen – Pause inklusive.
Allerdings haben alle erwähnten Apps dasselbe Problem: Wenn wir nicht aufpassen, sind auf den digitalisierten Bildern störende Spiegelungen zu sehen. Weil sich das Sonnenlicht, die Hintergrundsbeleuchtung oder der Blitz der Smartphone-Kamera auf der Oberfläche der Originalfotos gespiegelt hat, die in der Regel glanzbeschichtet sind.
Auflösung kommt nicht über 3 Megapixel hinaus
Die App Fotoscanner von Google, die es gratis für iOS und Android gibt, schafft da Abhilfe. Dort erfassen wir jedes Foto gleich viermal. Fotoscanner blendet dazu vier Punkte auf dem Bildschirm ein, die wir nacheinander ansteuern müssen. Weil die Spiegelung in jeder der vier Positionen an einem anderen Ort liegt, schafft es Googles Software mit erstaunlicher Genauigkeit, sie aus dem endgültigen Bild zu rechnen.
Das bedeutet aber auch, dass wir beim Digitalisieren langsamer vorwärtskommen als mit den oben erwähnten Apps. In unserem Test brauchten wir für 100 Fotos gut eine halbe Stunde. Bei 500 Fotos wären wir also mehr als 2 Stunden beschäftigt. Dafür sind die Fotos danach nicht nur spiegelfrei digitalisiert, sondern fast immer auch ohne störende Ränder der Bildunterlage. Bei den anderen Apps ragten die regelmässig ins Bild, so dass wir den Ausschnitt später noch manuell korrigieren mussten.
SRF-3-Moderator Philippe Gerber hat Fotoscanner ebenfalls für uns getestet und damit die schönsten Fotos seiner Kindheit und Jugend ins digitale Zeitalter geholt. Wer sehen will, wie gut die App alte Bilder umwandelt – und wie sich ein jugendlicher Philippe Gerber halbnackt und mit schmachtendem Blick auf einer Matratze räkelt – der sieht die Fotos dazu in der Bildergalerie oben.
Eines lässt sich mit Sicherheit sagen: Mit einem richtigen Scanner kann keine der Apps mithalten. Auch mit Fotoscanner verlieren die Fotos im Vergleich zu den Originalen deutlich an Auflösung – sie kommt bei den digitalisierten Bildern nicht über 3 Megapixel hinaus. Das reicht zwar, um sich die Bilder online oder auf dem Smartphone anzuschauen. Für ein echtes digitales Fotoalbum ist die Auflösung aber zu klein. Es ist zu hoffen, dass Google bei den nächsten Versionen der App hier noch nachbessert.
Google profitiert von den Daten
Denn für Google lohnt es sich, wenn die App ein grosses Publikum findet. Der Konzern hofft, dass die digitalisierten Bilder schliesslich in seinen Online-Foto-Dienst Google Photos wandern. Wir können die App zwar problemlos auch ohne diesen Dienst nutzen, etwa wenn wir die Fotos in der Bildergalerie unseres Smartphones speichern. Aber eben so einfach lassen sich die Fotos mit nur einem Klick auch zu Google Photos hochladen.
Fotoscanner soll aber nicht nur dem Online-Dienst zu noch mehr Popularität verhelfen. Dank der App gelangt Google auch an Daten, die sonst unzugänglich blieben – unsere alten, auf Papier ausgedruckten Fotos, die irgendwo in Alben und Schachteln verstauben.
Sind sie einmal digitalisiert, lassen sie sich wie andere digitale Daten algorithmisch auswerten und nach bestimmten Merkmalen durchsuchen. So erhält Google ein noch präziseres Bild seiner Nutzer, und kann sein Hauptgeschäftsfeld noch besser beackern, den Verkauf von zielgerichteter Werbung. Wie so oft bei Gratis-Diensten zahlen wir am Ende also doch – mit unseren Daten.