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Collage mit drei Portraits
Legende: Der Prozess: Hulk Hogan (Mitte) klagt gegen Nick Denton (links) und Gawker. Im Hintergrund zieht Facebook Verwaltungsrat Peter Thiel (rechts) die Fäden. Collage SRF / Reuters

Digital Hulk Hogans Sex-Video: Facebook-Milliardär gegen Klatsch-Magazin

Das Online-Magazin Gawker veröffentlichte ein heimlich gefilmtes Sex-Video des Wrestlers Hulk Hogan. Der erstritt eine Wiedergutmachung von 140 Millionen Dollar. Heimlich unterstützt hat die Klage der Investor Peter Thiel. Gawker sieht das als unfairen Kampf gegen ein aufmüpfiges Medium.

Anfang 2012 filmte der bekannte Radiomoderator Alan Clem seine Frau Heather und den Wrestler Hulk Hogan ohne deren Wissen bei einem Seitensprung. Clem hatte zuvor seine Frau zum Sex mit seinem engen Freund Hogan aufgefordert. Das Video fand den Weg in die Redaktion des Online-Magazins Gawker, das dann einen kurzen Ausschnitt daraus auf der Webseite veröffentlichte – zusammen mit einem Artikel über Hogan.

Peter Thiel zieht im Hintergrund die Fäden

Die Verletzung seiner Privatsphäre liess sich der Wrestling-Star nicht bieten und verklagte das Magazin auf 100 Millionen Dollar Schadenersatz. Im Januar gab ihm ein Gericht in Florida Recht und sprach ihm eine Entschädigung von insgesamt gar 140 Millionen Dollar zu.

Nun wurde bekannt, dass der Technologie-Milliardär Peter Thiel im Stillen diese Klage mit 10 Millionen Dollar unterstützt hat. Dazu hat der Unternehmer gute Gründe, denn er und Gawker schauen auf eine lange Geschichte zurück.

2007 outete das Online-Magazin den Unternehmer in einem Artikel mit dem Titel « Peter Thiel is totally gay, people » – «Peter Thiel ist stockschwul, Leute». Der Author des Artikels Owen Thomas erwähnt, dass er selber schwul sei, und wirft dann dem Unternehmer vor, dass er nicht zu seiner sexuellen Orientierung stehe, weil das gewisse Investoren abschrecken könnte. Gemeint waren damit offenbar Geldgeber aus Saudi Arabien.

Doch das ist noch nicht alles. Gawker hat im Verlauf der letzten Jahre auch über Thiels gesellschaftliches Engagement berichtet. Thiel ist ein prominenter Libertärer, der immer wieder ausgefallene Projekte unterstützt, welche die Gesellschaft in seinem Sinne verändern sollen. Dazu zählen schwimmende Städte in internationalen Gewässern, die sich so dem Einfluss von Regierungen entziehen. Auch darüber hat Gawker berichtet und sich dabei über Thiel lustig gemacht.

Vergeltung oder Hilfe für Wehrlose?

Hat der Milliardär nun fast zehn Jahre später die Gelegenheit gepackt, um sich an dem Klatsch-Magazin zu rächen? In einem Interview mit der New York Times verneint er diesen Vorwurf: Es gehe ihm nicht um Rache, sondern um Abschreckung. Denn die Gawker-Artikel über ihn und Freunde hätten grundlos das Leben von Menschen zerstört und seien für die Betroffenen sehr schmerzhaft gewesen.

Deshalb finanziert Peter Thiel seit Jahren ein Team von Anwälten, das Gawker-«Opfer» sucht und diese bei Klagen gegen den Verlag und einzelne Journalisten unterstützen soll. Nun ist sein heimliches Engagement öffentlich geworden.

Macht gegen Medien

Würde Gawker tatsächlich zu einer Zahlung von 140 Millionen Dollar verurteilt, so könnte das das Ende bedeuten – nicht nur für das Magazin selber, sondern für das ganze Medienunternehmen dahinter. Denn neben einem Klatsch-Magazin betreibt Gawker als Medienhaus unter gleichem Namen auch noch weitere bekannte Magazine wie Lifehacker, Gizmodo oder Kotaku .

Der Gründer Nick Denton hat sich deshalb in einem offenen Brief an Peter Thiel gewandt und diesem eine ganze Liste von Fragen präsentiert, wie etwa:

  • Was bezweckt Thiel mit seinem Angriff?
  • Will er das Medienhaus Gawker abstrafen oder will er es gar zerstören?
  • Hat er Pläne, Gawker nach einem Zusammenbruch aufzukaufen?
  • Und falls ja, welche publizitischen Ziele würde er danach verfolgen?

Der Verleger stellt in dem Brief fest, dass die Gawker-Journalistinnen oft kritisch über Peter Thiel berichteten und gibt freimütig zu, dass sie ihn nicht mögen. Er fügt an, dass die Macher ab und zu in ihren Artikeln über die Technologie-Branche zu weit gegangen seien.

Dann schlägt Nick Denton vor, den Konflikt ausserhalb eines Gerichtes zu lösen, in einer Diskussion über die von ihm präsentierten Fragen. Das könnte unter vier Augen geschehen, aber auch vor Publikum.

Denn für den Briten geht es im Sex-Video-Prozess schon lange nicht mehr um die Frage, ob der Blick ins Schlafzimmer gerechtfertigt war oder nicht. Er sieht Gawker als kleines, aufmüpfiges New Yorker Medienhaus, das von einem der mächtigsten und reichsten Vertreter des Silicon Valley dafür abgestraft werden soll, dass es sich nicht wie andere an das Drehbuch der Technologie-Branche gehalten hat.

Indem Denton aber den Weg des offenen Briefes wählt, versucht er in einer Flucht nach vorn die Sympathien des Publikums dieser Schlammschlacht zu gewinnen.

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