Eine Figur von mir auf dem Schreibtisch stehen haben. Würde ich das wollen? Ich muss nicht lange überlegen: Ja, klar! Nicht unbedingt meiner Eitelkeit wegen, sondern weil es mich fasziniert, wie greifbar die technologische Entwicklung heute für jedermann geworden ist. Ich bleibe noch eine Weile vor dem Schaufenster des 3D-Ateliers an der Feldbergstrasse in Basel stehen und bewundere die ausgestellten Figuren. Und ihre Preisschilder.
Ein 3D-Modell aus 112 Einzelaufnahmen
Ein exaktes und detailliertes 3D-Modell im Computer ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Ausdruck meines Mini-Klons, erfahre ich drinnen im Atelier. Eine Momentaufnahme, genau wie eine Fotografie – nur eben in drei Dimensionen.
Dafür stelle ich mich in den mannshohen Scanner: eine kreisförmige, luftige Konstruktion aus senkrecht vom Boden aufragenden Stangen, an denen die Kameras angebracht sind. 112 Stück. Jede davon ist mit ihrem eigenen Mini-Computer verbunden, damit alle zur exakt gleichen Zeit die Aufnahme auslösen können.
Nebst ein paar Lichtröhren scheinen mich auch drei Projektoren an. Sie werfen ein feines Raster auf meinen Körper. Das Raster wird der 3D-Software im Computer später helfen, auch kleine Details räumlich korrekt abzubilden. Einen Sekundenbruchteil vor der eigentlichen Aufnahme schalten sich die Projektoren ab. Das Raster soll im Ausdruck schliesslich nicht sichtbar sein.
Druck in Farbe
Damit ist mein Job bereits erledigt. Jetzt übernehmen die Fachleute und der 3D-Drucker. Dieser steht allerdings nicht hier, sondern in München. Mit 70'000 Franken ist die Maschine schlicht zu teuer, als dass sich Kleinunternehmen wie Youlittle in Basel oder die vergleichbaren 3D-Studios in Zürich und St. Gallen ihre eigene leisten könnten.
Meine 112 Einzelbilder werden also nach München übermittelt und am Bildschirm in Handarbeit in ein 3D-Modell umgerechnet. Dann beginnt der Druck. Überraschend: meine Figur wird nicht etwa nachträglich eingefärbt, sondern die Farbgebung passiert direkt beim Modellieren.
Dabei mischt der Drucker dem gipsartigen Rohstoff direkt beim Auftragen Farbe bei, wie ein Tintenstrahl-Drucker.
Schicht für Schicht zeichnet er meine Vorlage in eine mit Gips-Pulver gefüllt Schale und die 3D-Skuptur entsteht aus der Summe der zusammengeklebten Pulverteilchen
Ganze zweieinhalb Zentimeter pro Stunde schafft das Monstrum so. Da die Figuren liegend gedruckt werden, bin ich allerdings «schon» in vier Stunden fertig, sprich meine 3D-Skulptur. Das Resultat kommt mit der Post aus München – und ist beeindruckend.
Teurer Spass
Die Wirkung der Figur spricht für sich. Die präzise Abbildung der Form wie auch der Farben lassen sie unheimlich real wirken. Man möchte sie sofort in die Hand nehmen und sich selbst quasi in die Augen schauen. Fremde Augen, die in mein Büro schielen, erblicken die Figur sofort und wollen sie aus der Nähe sehen.
Es ist ein ganz kein wenig magisch.
Doch die Freude hat ihren Preis.
Zwischen 300 und 700 Franken teuer sind die Replikate, abhängig von ihrer Grösse. Etwas was man sich nicht einfach so im Vorbeigehen leistet, das aber einen langlebigen Wert haben könnte.
Denn vielleicht wird irgendwann in vielen Jahren ein Urenkel meine Figur aus einer Schachtel hervorkramen und es wird ein ähnliches Gefühl sein, wie wenn wir heute eine alte Schwarz-Weiss-Fotografie von früher entdecken.
Schliesslich ist man vor Hundert Jahren auch zum lokalen Fotografen gegangen – in Sonntagskleidung versteht sich – um sich gegen gutes Geld und für die Ahnengalerie ablichten zu lassen. Auch damals hat man sich dem Fachmann und seiner exklusiven Ausrüstung anvertraut. Und damals war es alles andere als selbstverständlich, eine Fotografie von sich zu besitzen.