Die Fensterläden sind halb geschlossen, am Boden mischen sich Lego-Steine mit Sammelkarten und selbstgebastelten «Star Wars»-Schwertern. Kein Kinderlärm, stattdessen herrscht konzentrierte Ruhe am Schreibtisch. Immer wieder unterbrochen von erregten Kinderstimmen, die via Skype aus den Laptop-Lautsprechern klingen. Die Kinder vor dem Bildschirm sind akribisch dabei, grobkörnig designte Blöcke aufzustapeln und andernorts wieder abzubauen.
Mit Maus und Tastatur entstehen aus den Bauklötzen dreidimensionale Welten; Bauernhöfe, Drachenburgen, Achterbahnen, Raumschiffe, oder was sonst noch alles der Phantasie der Kinder entspringt. Doch sie bauen ihre Minecraft-Welten keineswegs nur alleine. Via Internet sind sie mit ihren Freunden verbunden.
Die Welten, die sie erschaffen, sind Gemeinschaftsprojekte, an denen sie gleichzeitig zusammen oder auch alleine für sich arbeiten. Die Kinder treffen sich dazu auf einem Minecraft-Server, auf einem Grossrechner im Internet, auf dem man sich sein eigenes Stück des unendlichen Minecraft-Univerums mieten kann.
Dass den Kinder dabei keine Grenzen gesetzt sind, was sie in diesen Welten gemeinsam entstehen lassen können, macht einen wesentlichen Teil der Faszination aus, die eine ganze Generation von Kindern und Teenagern (und Erwachsener) erfasst hat. Minecraft sei nichts anderes als das digital gewordene Lego-Spiel. Das meinen sogar die dänischen Lego-Hersteller selber.
Wir wünschten, wir hätten Minecraft erfunden.
Bauklötze – immer schon didaktisch wertvoll
Das Aufstapeln von Bauklötzen hat schon immer zu unseren ersten kreativen Erfahrungen gehört.
Die endlosen Möglichkeiten, mit denen man in Minecraft Bauklötze mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften kombinieren können, katapultiert das urtümliche Spielprinzip in die mediale Spielwelt der Gegenwart.
Der oft zitierte didaktische Wert des Spiels endet aber nicht dort. Um in Minecraft ihre eigenen Welten erschaffen zu können, müssen sich die Kinder neues Wissen und neue Fähigkeiten aneignen. Viele Fragen zum Spiel beantwortet dabei das Internet – allerdings erst, wenn man das Einmaleins der Internet-Recherche erlernt hat. Eine Fähigkeit, die sich viele Kinder dank Minecraft aneignen.
Die Kinder erfahren durch das Spiel auch, was es heisst, in einer Gruppe an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten. Etwas, das sonst auch an Schulen in Form von Projektarbeiten gefördert wird.
Und so nebenbei erlernen sie ganz grundsätzlich den Umgang mit dem Computer und erweitern ihren Englisch-Wortschatz
Community mit Kreativität und Initiative
Um Minecraft ist in den fünf Jahren seit seiner Veröffentlichung ein florierendes Ökosystem entstanden. So zeigen «YouTuber» ihren Hunderttausenden von Followern, wie man in Minecraft auch komplexe Dinge erschaffen kann. Die Prominentesten unter ihnen haben Fangemeinden von Hundertausenden, die sie mehrmals wöchentlich mit neuen Videos versorgen. Mit der Werbung, die sie um ihre Videos auf YouTube schalten, verdienen sie ihren Lebensunterhalt. Und erfahrende Spieler erweitern Minecraft mit so genannten «Mods» und «Texture Packs» um neue Materialien und neue Funktionen.
Der Erfinder tritt ab - Microsoft übernimmt
Rund 54 Millionen Mal wurde Minecraft bis heute verkauft. Dieser immense Erfolg geht in den Augen vieler direkt auf den 35jährigen Schweden Magnus Persson zurück. Der auch unter dem Namen «Notch» bekannte Minecraft-Erfinder und ehemalige Inhaber des Game-Studios Mojang ist die Identifikations- Figur der riesigen Minecraft-Community. Beim Verkauf von Minecraft an Microsoft im Sommer 2014 trat Notch als Chef-Entwickler ab und widmet sich jetzt neuen Projekten.
Minecraft-Plattformen: Windows, Mac OS X, Linux, Playstation 3/4/vita, Xbox 360/One, iOS, Android, Raspberry Pi