Live-Videos waren bislang die letzte Domäne grosser Fernsehanstalten. Jedenfalls dann, wenn es um die Berichterstattung direkt vor Ort geht. Die App Meerkat , die derzeit bei Technik-Interessierten für Begeisterung sorgt , ändert das: Man muss bloss die App herunterladen (bisher leider nur für iOS möglich), mit einem Twitter-Konto verknüpfen, einen Titel für seinen Live-Stream eintippen und den Stream-Knopf drücken – schon kann die Welt sehen, was man in dem Moment gerade erlebt.
Das alles passiert auf dem Smartphone und nicht wie bei anderen Live-Streams im Internet vor der Webcam im Büro. Die direkt am Ort des Geschehens aufgenommenen Live-Bilder besitzen so eine Unmittelbarkeit und Dringlichkeit, die anderen Formaten abgeht. Und dank besseren Smartphone-Kameras und -Bildschirmen stehen sie qualitativ einem richtigen Fernsehbild in vielen Fällen kaum mehr nach.
Auch Twitter sieht in den Live-Videos auf seiner Seite viel Potenzial. Der Kurznachrichtendienst hat jüngst den Meerkat-Konkurrenten Periscope übernommen und soll dafür laut Webseite Business Insider 100 Millionen Dollar bezahlt haben. Die Integration eines solchen Dienstes könnte Twitter zum Instant-Medium nicht nur für 140-Zeichen-Texte und Bilder, sondern auch für Live-Videos machen. Die Demokratisierung der Medien schreitet also weiter voran.
Die Post-TV-Ära
Ob der Rummel um Meerkat bloss ein Hype ist oder ob der Dienst tatsächlich einem Bedürfnis des Publikums entspricht, lässt sich schwer abschätzen. Doch Live-Videos wandeln sich dieser Tage vom Freizeitvergnügen zum Big Business. Das zeigt etwa der Fall von Twitch: Diese Game-Streaming-Seite wurde vor einem halben Jahr für gut 1 Milliarde Dollar von Amazon übernommen.
So ein Kauf geschieht vor dem Hintergrund einer abnehmenden klassischen TV-Nutzung und der Verlagerung vom grossen Bildschirm (Fernseher, PC-Monitor) hin zu mobilen Geräten. Schon geht die Rede von der «Post-TV-Ära», in der das Fernsehen rasant an Bedeutung verliert und Konkurrenz bekommt von Video-Portalen und sozialen Medien im Internet, in denen sich einzelne Clips der Benutzer schnell verbreiten können.
Ein Zeichen dafür ist auch das Interesse am sozialen Nachrichtendienst Snapchat , der von einigen Investoren als Fernsehen der Zukunft gehandelt wird. Diesen Donnerstag wurden die Pläne des chinesischen Online-Händlers Alibaba bekannt, sich mit 200 Millionen Dollar an Snapchat zu beteiligen. In der ganzen Finanzierungsrunde werde Snapchat insgesamt mit 15 Milliarden Dollar bewertet, berichtete der Bloomberg .