Die Architektur 16 ist die grösste Werkschau für Schweizer Architektur. 70 Architektinnen und Architekten haben in den Maag-Hallen in Zürich am Wochenende ihre Projekte präsentiert. Darunter auch Pe Hadzimanovic und Thomas Schmid von Total Real. Aber an ihrem Stand waren keine Architekturmodelle zu sehen, sondern nur ein grosser Stapel kleiner Kartonkistchen.
Die Kistchen sind « Google Cardboards », Googles Virtual-Reality-Brillen für das kleine Budget, die mit einem Smartphone funktionieren. Wer sein Handy vorne ins Kistchen klemmt und Total Reals Virtual-Reality-Seite aufruft, findet sich plötzlich im Innern eines luxuriösen Neubaus wieder. Blickt er zu Boden, sieht er die Marmorböden, blickt er nach oben, ist da die Deckenbeleuchtung – der Bildschirm folgt immer der Bewegung des Kopfes.
«Mit einem Knopfdruck können wir in dem Modell aber auch die Farbe des Bodens verändern, das Licht und andere Möbel ausprobieren», sagt Thomas Schmid von Total Real. So können auf einfache Weise verschiedene Optionen durchgespielt werden, bis die Konstellation gefunden ist, die einem am besten gefällt. «Die Kunden stellen sich mit 'Klick und Pick' ganz einfach ihr zukünftiges Eigenheim zusammen», ergänzt Pe Hadzimanovic.
Räume unmittelbar erleben
Allerdings: Wirklich echt sieht diese vorgezogene Hausbesichtigung mit Google Cardboard nicht aus. Dafür ist die Auflösung des Smartphone-Bildschirms zu gering und das Sichtfeld im Innern des Kartonkistchens zu eingeschränkt. Aber die Anwendung zeigt, was in der Architektur bald Standard werden könnte: Dass wir unsere Häuser und Wohnungen erst einmal virtuell besichtigen, bevor sie überhaupt gebaut werden.
Denn die Virtual Reality lässt Laien Räume und Gebäude viel unmittelbarer erleben als herkömmliche Architekturmodelle oder Baupläne, die für Nicht-Architekten oft schwer zu entziffern sind. Ein wirkliches Raumgefühl stellt sich dort nicht ein – dafür ist Übersetzungsleistung zu gross, die es im Kopf braucht, um sich das abstrakte Modell in Realität vorzustellen.
Fehler sofort erkennen
Diese Hürde ist in der Virtual Reality nicht gegeben. Potentielle Kunden können dort viel intuitiver begreifen, wie ein Bau später aussehen wird und welche architektonischen Entscheidungen welche Konsequenzen haben. «Der Kunde sieht zum Beispiel sofort, was passiert, wenn er eine Wand rot streichen lässt oder weiss», sagt Thomas Schmid. So liessen sich Fehlentscheidungen im Bauprozess vermeiden, die später nur mit grossem Aufwand wieder rückgängig gemacht werden können.
Und die Architekten profitieren ebenfalls von den Möglichkeiten der virtuellen Realität. Sie können spielerischer planen, sehen Fehler schneller und müssen nicht mehr Miniaturmodelle bauen, um einen Eindruck von den Proportionen eines Baus zu bekommen. Sie können verschiedene Stimmungen simulieren und so schon im Voraus sehen, wie zum Beispiel das Licht durch ein Deckenfenster fallen wird.
Mit VR durch den geplanten Bau
Das Erscheinen von hochklassigen VR-Brillen wie der « Oculus Rift » oder der « Vive » von HTC haben der Virtual Reality im Bereich der Architektur neuen Schwung gegeben. Doch selbst diese fast 1000-fränkigen Geräte haben noch mit Mankos wie einer zur groben Auflösung zu kämpfen, die ein total reales VR-Erlebnis vorerst verhindern. Bei kommende Generationen dieser Brillen, die in ein paar Jahren erscheinen werden, dürfte der virtuelle Rundgang dem echten dann schon viel näher kommen.
Was dann möglich ist, hat ein Architekturbüro in Schwyz in Ansätzen schon diesen Februar gezeigt: Es hat potentielle Käufer mittels VR-Brillen durch einen geplanten Bau geführt . Es war die weltweit erste Virtual-Reality-Besichtigung dieser Art.