Dass sich Tablets mit ihren berührungsempfindlichen Bildschirmen gut zum Zeichnen eignen, war von Anfang an klar. Unterdessen sind sie auch leistungsfähig genug und in werden Verbindung mit der richtigen App und einem druckempfindlichen Stift zu einer echten Alternative zu Papier und Bleistift. Einer ihrer grossen Vorteile: Was wir zeichnen, können wir sogleich auf allen digitalen Geräten und Kanälen nutzen.
Wir haben vier Alternativen genauer angeschaut:
iPad – mit Pencil 53
Mit dem Pencil 53 wird das iPad, der meistverkaufte Tablet-Computer, zum digitalen Zeichenpapier. Der Stift ist eine der einfachen und günstigeren Varianten, um mit dem digitalen Zeichnen anzufangen. Per Bluetooth verbindet sich der Stift mit dem iPad und der dazugehörenden App «Paper». Ein Sensor in der Spitze des Stiftes misst, wie stark wir den Stift auf den Bildschirm drücken. Je nach Malstift, den wir in der App auswählen, wird der Strich mit zunehmendem Druck breiter oder die Farbe deckender. Das hintere Ende des Stifts erkennt das iPad bei Berührung ebenfalls – als Radiergummi.
Auch wer noch nie digital gezeichnet hat, sollte sich mit dem Pencil sofort zurecht finden. Wenn auch der Stift in unserem Test immer mal wieder etwas unzuverlässig reagiert hat.
Microsoft Surface Pro 3 – mit Surface Pen
Das neuste Tablet Surface Pro 3 von Microsoft hat diverse Schwächen seiner Vorgängermodelle abgelegt und vermag speziell mit seinem Bildschirm zu überzeugen. Mit dem Surface Pen wird ein druckempfindlicher Stift bereits mitgeliefert, mit dem man das Tablet auch ohne Finger bedienen kann. Der Pen eignet sich sehr gut zum Zeichnen und fühlt sich dabei deutlich präziser und zuverlässiger an als der «Pencil». Wie dieser verbindet sich auch der Microsoft-Stift per Bluetooth. Die vorinstallierte App «Fresh Paint» überzeugt mit einem vielseitigen Malkasten und mit ansprechenden Resultaten. Einziger Wermutstropfen: Die Druckempfindlichkeit des Surface Pen liess sich bei uns nicht nach Wunsch einstellen.
Natürlich auch für Android
Unabhängig davon, ob man mit iOS, Windows oder Android arbeitet, gibt es eine Reihe weiterer digitaler Stifte für Tablets, wie etwa von Jot Pro oder von dot.
Testen konnten wir allerdings keines dieser Modelle selber.
Computer mit externem Tablet
Auf der nach oben offenen Skala von externen Tablets, die sich mit dem Computer verbinden lassen, haben wir eines der günstigeren des Branchenleaders Wacom ausprobiert.
Im Gegensatz zu den teuren Spitzenmodellen hat unseres keinen Bildschirm – stattdessen wird das was wir malen direkt auf dem angeschlossenen Laptop angezeigt. Dort verwenden wir als Malprogramm Adobe Photoshop. (Zugegebenermassen kein waschechtes Zeichenprogramm, wie es Corel Draw etwa wäre.)
In unserem Test überzeugt das externe Tablet mit hoher Präzision, Kontrolle und umfassenden Einstellungsmöglichkeiten. Da deutlich dünner als ein Tablet-Computer ist seine Bedienung ergonomischer, was sich bei längerem Zeichnen bemerkbar machen dürfte. Dass man mit dieser Lösung nicht direkt auf dem Bildschirm zeichnen kann, fanden wir allerdings gewöhnungsbedürftig. Insgesamt wohl eher eine Lösung für fortgeschrittene Zeichner und professionelle Illustratoren.
Livescribe – der unheimlich gescheite Kulli
Ein faszinierender Kompromiss zwischen der digitalen Welt und dem analogen Papier ist der intelligente Kugelschreiber Smartpen von Livescribe. Der Stift ist auf den ersten Blick ein etwas zu dick geratener Kugelschreiber. An seiner Spitze aber ist ein Sensor angebracht, mit dessen Hilfe der Stift weiss, wo auf dem Papier er sich befindet. Dafür muss man allerdings zwingend das mitgelieferte Papier verwenden, denn darauf sind winzige, kaum sichtbare Punkte an denen sich der Stift orientieren kann.
Zeichnungen und Skizzen, die wir nun mit dem intelligenten Livescribe-Kulli machen, wandern wie von Geisterhand vom Papier auf den Bildschirm des Tablets. Denn auch der Smartpen verbindet sich per Bluetooth. Eine vollkommen natürlich wirkende Symbiose zwischen analog und digital.
Für ambitionierte Zeichner bietet der Livescribe-Stift aber wohl zu wenig Spielmöglichkeiten. Es gibt keine Farben, keine druckabhängige Strich-Dicke und keine Möglichkeit, Flächen auszufüllen, ausser man schraffiert sie von Hand.
Der Smartpen ist daher wohl nur eine sehr raffinierte Art, eine Idee in Form einer Skizze festzuhalten und zu digitalisieren.
Stirbt das analoge Zeichnen auf Papier aus?
Natürlich heisst das nicht, dass das analoge Zeichnen bald aussterben wird. Dafür hat es zu viele unbestreitbare Vorteile. Und schliesslich gibt es da noch eine sinnliches Komponente, die keine Technologie ersetzen kann. Aus dem professionellen Umfeld sind digitale Mal- und Zeichenwerkzeuge aber trotzdem nicht mehr wegzudenken. Der chinesische Animations-Film Piercing I aus dem Jahr 2010, der ausschliesslich auf einem Tablet gezeichnet wurde, ist da nur eines von unzähligen Beispielen.
Beispielhaft sind auch die Arbeiten der Illustratorin Judith Zaugg . Auch sie entstehen vollständig am Bildschirm, wenn auch nicht mit einem Tablet, sondern mit einer gewöhnlichen Computermaus. Papier und Bleistift braucht auch Judith Zaugg nur noch, um um Ideen in Form einer Skizze festzuhalten.
95 Prozent der Arbeit findet am Computer statt.
Doch natürlich gibt es auch Zeichner, die sich in der analogen Welt entschieden wohler fühlen und nicht die Absicht hegen, diese Welt zu verlassen. So zum Beispiel Randall Munroe, der sich mit seinem Web-Comic XKCD ironischerweise fast ausschliesslich Technologie-Themen widmet.
I draw all the comics on paper and scan them in. It’s kind of low-tech operation for a tech-comic. I’m one of the few who still bothers, who still hand-letters.