Es ist das erklärte Ziel der «Raspberry Pi Foundation»: Informatik in der Schule zu fördern. Dazu entwickelte die britische Stiftung den « Raspberry Pi », einen möglichst günstigen PC mit einer möglichst einfachen Hard- und Software.
Komplexer Einstieg
In der Schweiz wird der «Raspberry Pi» noch vorwiegend von einzelnen enthusiastischen Lehrern in den Unterricht getragen – oder von den Schülern selbst in ein Projekt eingebracht. Martin Lehmann von der Pädagogischen Hochschule Bern begründet das damit, dass der «Raspberry Pi» ein komplexes Gerät sei, das die Lehrpersonen erst kennenlernen müssten. Dazu sei es notwendig, didaktische Leitplanken zu setzen, um die Schüler nicht zu überfordern.
Informatik-Didaktiker Martin Lehmann, der in Workshops aufzeigt, wie der «Raspberry Pi» im Unterricht eingesetzt werden kann, ist aber von dessen Tauglichkeit überzeugt. Während gerade moderne Computer oder Smartphones ihre Komplexität oft unter undurchdringbaren Schichten verbergen, liegt beim «Raspberry Pi» alles offen. Nicht nur in Betriebssystem und Software kann direkt eingegriffen werden; auch die Hardware ist zugänglich und ausbaubar.
Lämpchen und Motörchen
So zeigt sich auf Besuch im Gymnasium Kirschgarten in Basel, dass die «Raspberry Pi»-Projekte der Schülerinnen und Schüler eine spielerische Note haben. Eine Gruppe möchte ein Computer-Gehäuse basteln, das sich per Motor öffnet und dabei leuchtet und lärmt. Eine andere Gruppe möchte aus neun LEDs und ein paar Schaltern ein Tic-Tac-Toe-Spiel zusammenlöten.
Dabei müssen die Schüler passende Elektronikteile finden, diese zusammensetzen und über ein Schnittstelle mit der Platine des «Raspberry Pi» verbinden. Und schliesslich ein Programm schreiben (in Python oder Java), das die selbstgebaute Hardware ansteuert. Sie arbeiten zu zweit oder zu dritt; in rund einem Monat müssen die Arbeiten fertig werden.
Gymnasium und Berufsschule
In den Gymnasien taucht der «Raspberry Pi» im Ergänzungs- oder Freifach Informatik auf. Dem gegenüber ist die Ausbildung in der Berufsfachschule Baden naturgemäss spezialisierter. Dort arbeiten angehende Applikationsentwickler ebenfalls mit dem «Raspberry Pi», auch sie im Rahmen freier Projekte.
Die Anwendungen sind hier praxisorientierter: Eine Gruppe hat eine ausführliche Installationsanleitung verfasst; eine andere verwandelt den «Raspberry Pi» mit einem massgeschneiderten Betriebssystem und Softwarepaket in einen Medienserver.
Selbständig Informatikprobleme lösen
Da der «Raspberry Pi» lediglich rund 50 Franken kostet, ist es durchaus möglich, in einer ganzen Klasse alle Schüler mit einem eigenen Gerät auszurüsten. Dadurch können sie sich über den Unterricht hinaus mit dem «Raspberry Pi» beschäftigen. Sie können das Gerät mit nach Hause nehmen und auch in der Freizeit weiter daran herumbasteln.
Um den «Raspberry Pi» so nutzen zu können, müssen die Schülerinnen und Schüler in der Lage sein, selbständig zu arbeiten, sich auf eigene Faust Informationen zu besorgen. Die Community, die rund um den «Raspberry Pi» entstanden ist, fördert dies: Im Internet finden sich für fast alle Probleme ausführliche Lösungen und Anleitungen. Um diese zu verstehen, sind allerdings oft Englisch-Kenntnisse Voraussetzung.
Diese Hürden kümmern die Schüler in Basel nicht. Eine Gruppe will eine LED-Matrix bauen – eine Anzeigetafel aus vielen einzelnen LEDs, bekannt aus Lastwagen-Führerkabinen, also eine Art primitiver Bildschirm, bei dem eine LED einem Pixel entspricht. Weil der «Raspberry Pi» von Haus aus nur wenige Anschlüsse bietet, die Matrix aber gross werden soll, durchstöbern sie bereits die Website eines Elektronikshops auf der Suche nach geeigneten Mikrokontrollern.
Und man sieht das Leuchten in den Augen dieser Schüler und stellt sich vor, dass hier Grundsteine für zukünftige Karrieren gelegt werden.