Zugegeben, es ist ein « First World problem », aber für fleissige Video-Chatter ein besonders lästiges: Wer per Webcam, Skype oder Facetime miteinander kommuniziert, kann sich dabei nicht in die Augen sehen. Denn wer auf den Bildschirm blickt, um seinen Gesprächspartner zu beobachten, kann nicht gleichzeitig auch in die Kamera schauen, die oben, unten oder seitlich am Monitor positioniert ist.
Doch nun gibt es eine Lösung für alle, die ihrem Gegenüber gerne tief in die Augen schauen: Die Software Catcheye , die am Labor für Computergraphik der ETH Zürich entwickelt wurde. Sie ist gratis und kann hier heruntergeladen werden.
Tiefensensor unterscheidet Gesicht von Hintergrund
Catcheye erkennt die Position eines Gesichtes im Bild und rechnet sie in Echtzeit so um, dass die Person am anderen Ende nun in die Kamera zu blicken scheint. Das haben schon andere versucht. Doch bei diesen Lösungen kommen entweder teure Spiegelkonstruktionen zum Einsatz. Oder es kann im Bild nur noch die Person gezeigt werden, der Hintergrund aber fällt weg. Der Catcheye-Algorithmus dagegen erfasst genau den Umriss eines Gesichtes und passt nur diesen Bereich an (siehe Bilder links).
Damit das funktioniert ist noch eine sogenannte TOF-Kamera nötig, eine Kamera mit Tiefensensor , die den Raum dreidimensional erfasst. Nur dank dieser Technik kann die Software ein Gesicht vom Hintergrund unterscheiden und dessen Position im Raum genau erkennen. Die Macher von Catcheye setzen dafür auf den Kinect-Sensor von Microsoft. Der kommt für gewöhnlich bei der Gesten-Steuerung der Xbox-Spielkonsole zum Einsatz und ist deshalb mit einem Tiefensensor ausgestattet.
Bisher nur für Windows 8
Bis man seinem Video-Gegenüber direkt in die Augen blicken kann, braucht es deshalb noch einige Vorarbeit: Die für den Kinect-Sensor nötige Software ist derzeit nur für das Betriebssystem Windows 8 verfügbar und je nach Kinect-Modell muss der Sensor mit einem Adapter an den PC angeschlossen werden. Erst dann funktioniert auch die Catcheye-Software.
In Zukunft soll die Handhabung aber einfacher werden: Claudia Kuster, die Catcheye unter der Leitung von Professor Markus Gross an der ETH Zürich entwickelt hat, will die Software so verbessern, dass sie auch ohne Tiefensensor funktionert – mit einer herkömmlichen Webcam oder mit den Kameras von Smartphones und Tablets.
Auch Kameras mit Tiefensensor werden immer erschwinglicher. Die günstigsten Webcams mit dieser Technik kosten kaum mehr als 100 Dollar. Und selbst die Kameras von mobilen Geräten können mit wenig Aufwand in eine TOF-Kamera verwandelt werden. Mit dem HTC One (M8) gibt es bereits ein Smartphone, das standardmässig mit einer solchen Kamera ausgerüstet ist.
Bald sollten sich Verliebte beim romantischen Video-Chat also auch dann tief in die Augen blicken können, wenn sie für einmal keinen PC mit Kinect-Sensor und passendem Adapter dabei haben.