Ich bin ein bisschen nervös. Nein, sehr nervös. Das letzte Mal umgefallen mit einem Velo bin ich mit elf, es hat weh getan. Und ich bin ja kein Stuntman.
Natürlich haben wir eine Hochsprungmatte hingelegt. Mein Plan: Schnurgerade darauf zu fahren, kurz davor aufstehen, mit Kraft von den Pedalen abstossen und über den Lenker hechten. Dass ich zu früh abfliege oder zu spät, dass ich am Lenker hängen bleibe, oder abrutsche, das habe ich mir alles schön ausführlich in der Nacht zuvor ausgemalt.
Aber wenn man einen Velo-Airbag testet, dann muss einer damit stürzen. Es führt kein Weg daran vorbei. Ich fahre los.
Teuer, mit Akku
Der Velo-Airbag vom schwedischen Hersteller « Hövding » («Häuptling») ist für Leute wie mich gemacht: Man möchte sich schützen beim Velo-Fahren, aber man mag nicht, wie Helme aussehen. Man möchte die Frisur nicht zerdrücken. Man möchte den Fahrtwind in den Haaren spüren.
Dafür ist man bereit, zwei grosse Nachteile gegenüber herkömmlichen Velo-Helmen in Kauf zu nehmen:
- Der «Hövding 1.0 Invisible Bicycle Helmet» kostet rund 400 Franken. Das ist im Vergleich zu gewöhnlichen Helmen (circa 80 bis 160 Franken) sehr teuer.
- Die Elektronik, die den Airbag bei einem Sturz auslöst, braucht Strom. Wir müssen also daran denken, den Akku regelmässig aufzuladen.
Die Laufzeit des Akkus gibt der Hersteller mit 18 Stunden an. Ein- bis zweimal im Monat aufladen müsste also bei alltäglichem Gebrauch reichen.
Und natürlich schützt er genau einmal – ist der Airbag aufgegangen, können wir ihn nicht erneut verwenden. Das gilt allerdings für andere Velo-Helme auch.
Mehr Schutz
Doch für das Geld und den Mehraufwand erhält man mehr Schutz. Laut dem Hersteller hat die schwedische Versicherung Folksam den Airbag getestet und streicht zwei Vorteile heraus:
- Während harte Helme für genau einen Aufschlag vollen Schutz bieten, kann der Airbag mehrere Aufschläge hintereinander absorbieren (also zum Beispiel zuerst Kühlerhaube, dann Boden).
- Ausserdem bedeckt er mehr vom Kopf und absorbiert Schläge besser. Helme sind so normiert, dass der Kopf nie mit mehr als 250 G (Erdbeschleunigung) belastet wird. Beim Airbag wirken nur noch rund 65 G auf den Kopf.
Nicht für Extremsportler
Der Airbag liegt mir um den Hals wie ein übergrosser Kragen. Er ist schwer, vor allem wegen der Gaspatrone im Nacken, die ihn dann aufblasen soll. Doch das Gewicht liegt hauptsächlich auf den Schultern und ist nicht unangenehm. Ich ziehe vorne den Reissverschluss hoch und schliesse einen Knopf. Ein akustisches Signal zeigt mir an, dass der Airbag nun «scharf» ist.
Der Airbag eignet sich für normales Velofahren, nicht für sportlichere, actionreichere Ausfahrten auf Mountainbike oder BMX. Auch für Inlineskates oder Skateboards ist er nicht geeignet. Mützen oder Turmfrisuren sind kein Problem, solange sie nicht zu gross/steif sind und damit den Airbag beim Aufblasen behindern.
Die Sensoren im Kragen messen unsere Bewegung und erkennen das Muster eines Sturzes. Wir haben das vor meinem Stunt getestet, indem ich auf einem Spielplatz herumtobte. Beim Klettern, auf der Rutschbahn und selbst beim Abspringen von der Schaukel löst der Airbag nicht aus.
Lauter Knall, enge Haube
Und dann gilt es ernst. Ich fahre mit dem Velo auf die Hochsprungmatte zu. Gehe kurz davor aus dem Sattel, stosse kräftig ab und hechte Kopf voran auf die Matte.
Ein lauter Knall. Um meinen Kopf bläst sich in Sekundenbruchteilen eine dicke, weisse Schutzhaube auf, kurz bevor ich lande. Test bestanden.
Der Airbag umschliesst den ganzen Kopf, ausser dem Gesicht. Um auch dieses zu schützen, steht die Haube weit vor. Der Knall beim Aufblasen ist zwar sehr laut, aber hinten im Nacken, weit genug weg von den Ohren. Überraschend ist, wie satt der Kragen nun anliegt. Er presst so sehr auf meinen Hals, dass ich etwas Mühe habe zu sprechen. Ein leicht fauliger Geruch von der Explosion liegt in der Luft. Die Haube bleibt noch einen Moment prall und lässt dann langsam das Helium ab.
Auch ich atme erleichtert aus.
Und ihr wollt jetzt den Stunt sehen! Hier die Folge 4 von «SRF Gadgets» :