Die Digital-Redaktion will nicht nur vor dem Rechner sitzen, sondern mehr auf dem Velo: Um uns zu mehr Bewegung zu motivieren, rüsten wir unsere Velos auf – Ziel ist es, statt 0815-Velolichtern mehr Farbe in unsere Nachtfahrten zu bringen. Und da wir in der Redaktion unterschiedliche Ideen haben, wie das gehen soll, gibt es einen Wettbewerb: Wessen Velo leuchtet am überzeugendsten?
Jürg Tschirren: Cheap China leuchtet einfach
- Produktname: Bicycle Wheel Light «Xuancai qishi» von LiteTeck, China
- Kosten: Rund 10 US-Dollar
- Vorteil: Einfach zu montieren, wasserfest, billig
- Nachteil: Billig
«Light with 32 gorgeous and cool flower patterns shining by turms [turns]. Equipped with light sensor and movement sensor, flash only in the dark and action» schreibt die chinesische Shopping-Seite , auf der die Fahrradlichter mit blau, grün, rot und orange leuchtenden LEDs angeboten werden. Und verspricht ausserdem eine «easy installation».
Zumindest Letzteres stimmt voll und ganz: Die hässlichen LED-Panels aus Plastik sind im Nu zwischen die Speichen geklemmt und beginnen auch gleich zu leuchten, sobald das Rad sich dreht («powered by three AAA batteries – not included»). Bleibt die Frage, ob die verschiedenen Blumenmuster, welche die Lichter beim Fahren zeichnen sollen, aber tatsächlich so prächtig und cool sind wie vom Verkäufer versprochen. Und ob es überhaupt Blumenmuster sind, wie es die Packung verspricht, konnten wir bei unserer Testfahrt auch nicht erkennen.
Lucius Müller: Fixfertiger Komfort, bitte
- Produktname: Revolights
- Kosten: 200 CHF bis 500 US-Dollar (je nach Modell und Lieferfirma)
- Vorteil: Fixfertig, wasserfest
- Nachteil: Rad muss abmontiert werden
Eines ist klar: Die Entwickler der Revolights haben sich von den Lightcycles aus dem Film «Tron» inspirieren lassen. 48 weisse und rote, nahe den Felgen angebrachte LEDs bringen die Reifen bei rascher Drehung zum «Glühen». Eingebaute Sensoren erkennen die Rotationsgeschwindigkeit der Räder und schalten die einzelnen LEDs abhängig von ihrer Position ein und aus. Drehen sich nun die Räder, leuchtet nie das gesamte Rad, sondern immer nur die LEDs an den vorderen und hinteren «Kanten» der Veloräder – ein Streifeneffekt entsteht.
Die Installation verfehlt ihre Wirkung nicht. Schon bei meiner ersten Testfahrt ernte ich ein «so geil!» eines Passanten. Die Montage der Revolights bedarf allerdings etwas Fingerfertigkeit und ein bis zwei Stunden Zeit. Nebst den LEDs werden an beiden Radnaben Akkus montiert, die laut Hersteller vier Stunden lang für hübsche Lichtspiele sorgen sollen.
Die Revolights sind das Ergebnis einer erfolgreichen Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter . Einer der Mitbegründer, Kent Frankovich, wunderte sich beim Velofahren, weshalb die Velolichter so weit vom Boden entfernt montiert sind, und wollte sie näher zum Boden bringen. Er entwickelte daraufhin einen Prototyp; 2010 stiessen die weiteren beiden Gründungsmitglieder hinzu, Jim Houk and Adam Pettler. Nach fünf Jahren sind die Lichter nun lieferbar.
Méline Sieber: Basteln ist Trumpf
- Produktname: SpokePOV von Adafruit
- Kosten: Rund 150 US-Dollar (Gesamtset)
- Vorteil: Komplett selber anpassbar
- Nachteil: Nicht wasserfest, braucht Zeit
Warum fertig kaufen, wenn Selbermachen viel mehr Spass macht? Im Internet gibt es zahlreiche Bastelanleitungen, die mehr Licht aufs Velo bringen. Davon sind einige fehleranfällig oder nur aufwändig nachzubauen, beispielsweise wenn ein Platinen- oder 3D-Drucker benötigt wird. Einen Kompromiss bietet das Bastel-Kit « SpokePOV »: Die benötigte Software und Treiber sind vorhanden und die Werkzeuge einfach zu beschaffen. Basteln heisst jedoch, dass man etwas Löterfahrung mitbringen sollte – «SpokePOV» ist kein Anfängerprojekt.
Ziel ist, aus den Velospeichen ein Display zu machen: L-förmige Platinen werden mit den gelieferten Elektronikteilen bestückt und in die Speichen des Velos montiert. Am Computer können dann eigene oder vorgefertigte Pixel-Bilder in die «SpokePOV Software» geladen werden, zum Beispiel «Pac Man» aus dem Game gleichen Namens. Die Software übermittelt diese Bilder über ein spezielles Adapterkabel an die Platinen. Dreht nun das Rad mit den installierten Platinen, entsteht daraus das Bild, das man zuvor ausgewählt hat.
Wie gewollt und erwartet, ist der Arbeitsaufwand für das leuchtende Fahrerlebnis eher hoch, doch es lohnt sich: Schon mit wenig Geschwindigkeit entsteht ein blaues Lichtbild! Doch bei Schriftzügen hapert es: Die Bilder leuchten auf beiden Seiten des Rads, so dass bei Schriftzügen die LEDs der gegenüberliegenden Seiten so stark durchschimmern, dass man kaum etwas sieht. Aus der Schrift «SRF Digital» wird so schnell ein kaum identifizierbarer Bandwurm aus Buchstaben.
Der Sieger: Das Gesetz
Auf der Strasse leuchtet das Gesetz am stärksten, und gemäss Guido Bielmann vom Bundesamt für Strassen (Astra) gelten eine Reihe von Regelungen, was wie auf Schweizer Strassen leuchten darf.
Und bevor wir unsere Lichter auf die Strassen lassen, schauen wir nach: Für Lichter an Velos sind es die relevanten Abschnitte Artikel 215, 216 und Anhang 10 in der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge :
- Nach vorne wirkende Lichter müssen weiss oder hellgelb, seitwärts wirkende gelb oder rot und nach hinten gerichtete Lichter rot sein.
- Elemente sind verboten, die ablenken können. Dazu gehören auch Bilder oder Schriftzüge, die leuchten, sich ändern und die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer übermässig lange auf sich ziehen.
- Lichter dürfen nicht blenden.
Darum hat das Gesetz den Redaktionssieger bestimmt: Luzi darf weiterhin mit seinen Revolights herumkurven (und sich bewegen), da seine Lichter konform zur Verordnung sind. Die Lichter sind an korrekter Stelle und in korrekter Farbe. Jürg Tschirren und Méline Sieber fahren weiterhin mit den üblichen Velolichtern (und bewegen sich vielleicht etwas weniger). Der Grund: Die Lichter sind weder gelb noch rot, blinken stark und lenken im Strassenverkehr stark ab.
Noch mehr Hightech: Mein Velo kann auch denken
Ob selber basteln oder fixfertig kaufen: Neben den vorgestellten Projekten tüfteln zahlreiche Firmen am smarten Velo herum. Eine der Firmen, die sich damit beschäftigt, ist Vanhawks aus Kanada. Nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne entwickelt sie nun ein Smartbike. «Smart» bedeutet, dass der Rahmen des Velos mit Sensoren vollgestopft ist, beispielsweise mit einem Beschleunigungssensor, einem Geschwindigkeitssensor und vielem mehr. Selbst Routenangaben soll der Lenker geben können.
Wobei «smart» natürlich auch bedeutet: Die Batterien des Velos müssen regelmässig aufgeladen werden und halten laut Hersteller ungefähr eine Woche. Und das Karbon-Velo ist mit rund 1700 US-Dollar auch nichts für kleine Portemonnaies.
Ein ähnliches Konzept verfolgt auch Smrtgrips der ebenfalls kanadischen Firma Boréal Bikes. In die Lenker lassen sich Stäbe installieren, die ebenfalls über Sensoren verfügen. Ähnlich wie beim Velo von Vanhawks soll es zusätzliche Informationen für den Fahrer oder die Fahrerin liefern: Richtungsanweisungen, einen Diebstahlschutz und vieles mehr.
Mehr Bastelarbeit, mehr Velo!
Wer statt tief ins Portemonnaie lieber zum Lötkolben greift, der findet im Internet eine grosse Auswahl an Bastelprojekten. Hier eine kleine Auswahl:
- Per Dynamo-Licht und Velo fahrend sein Smartphone aufladen von Sean Michael Ragan.
- Ein Tachometer von Amanda Ghassaei.
- Tachometer , der Geschwindigkeit und zurückgelegte Strecke aufzeichnet, von Arduino.
- Diebstahlsicherung mit GPS-Verfolgung von Scott Bennett (benötigt SIM-Karte).
- « Bikehacks » widmet sich allen Basteleien rund ums Velo.
Und zum Schluss nochmals der Hinweis: Wer sein Velo selber mit Technik aufmöbelt, klärt dies bei Unsicherheiten am besten mit dem Gesetzbuch in der Hand ab.