Liegt es an den Steckern?
Stecker können komplexe Bauteile sein und je nach Standard müssen Kabelhersteller dem Patentinhaber für jeden Stecker Lizenzen zahlen. Stecker sind deshalb unsere ersten Verdächtigen, wenn es um die Preistreiber in Sachen Kabel geht. Aber sind sie tatsächlich die Schuldigen?
Um die Kosten eines Steckers zu schätzen haben wir uns beim US-Anbieter Monoprice umgeschaut. Dort kostet ein 90-Zentimeter-HDMI-Kabel mit zwei Steckern 4 Dollar. 180 Zentimeter des gleichen Kabels bekommt man für 5 Dollar.
1 Dollar für 90 Zentimeter mehr Kabel also. Daraus folgt, dass von den 4 Dollar für das 90-Zentimeter-Kabel rund 3 Dollar auf die beiden Stecker entfallen müssen – ein einzelner Stecker also 1,50 Dollar kostet.
Eine grobe Schätzung zwar, die aber zeigt, dass ein Stecker nicht viel kosten kann. Das gilt selbst für eine Edelversion mit Metallgehäuse, die ein Online-Händler wie zum Beispiel Amazon für 5 Euro anbietet. Damit lässt sich der stolze Preis von 100 Franken für ein 10-Meter-HDMI-Kabel nicht erklären. Die Mehrkosten müssen also andere Gründe haben.
Ist es die Leitung?
Am Beispiel des Monoprice-Kabels lassen sich auch die ungefähren Kosten für das eigentliche Kabel schätzen – also für die Leitung inklusive Abschirmung und Mantel. 90 Zentimeter davon kosten, wie oben festgestellt, 1 Dollar. Auf 10 Meter gerechnet wären das gut 11 Dollar.
Wenn das 10-Meter-Kabel im Geschäft dann 100 Franken kostet, kann es also auch nicht an Leitung, Abschirmung und Mantel liegen. Erklärt sich der hohe Preis also durch die besondere Qualität eines solchen Kabels, die billigeren Varianten in Sachen Bild und Ton weit überlegen ist?
Gibt es Qualitätsunterschiede?
Unser Beispiel-Kabel stammt, wie erwähnt, von der US-Firma Monoprice. Nicht ohne Grund: Bei verschiedenen Tests schnitten diese HDMI-Kabel in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis besonders gut ab und wurden zum Kauf empfohlen. Das Urteil: Obschon sie billig sind, ist die Qualität der Monoprice-Kabel absolut ausreichend.
Der Grund: Anders als bei Kabeln, die analoge Signale transportieren (etwa um den Verstärker einer Stereoanlage mit den Lautsprechern zu verbinden), spielen bei digitalen Verbindungen wie einem HDMI-Kabel die physikalischen Eigenschaften das verwendeten Materials kaum eine Rolle.
Denn ein HDMI-Kabel transportiert ein digitales Signal, das aus Nullen und Einsen besteht. Entweder ist es dazu in der Lage, oder eben nicht. Mit jedem Kabel, das ein digitales Signal tranportieren kann, sehen wir darum einen Film immer in der besten Qualität, die der Monitor hergibt. Kann ein Kabel das Signal nicht übertragen, sehen wir nicht schlechter, sondern gar nicht.
Das Kabel selber hat also keinen Einfluss auf die Brillianz der Bilder. Beim Ton ist es dasselbe. Bei sehr schlechten Kabeln oder wackeligen Steckern kann es zwar zu Bildstörungen oder gar -Ausfällen kommen; weil das Signal kurz unterbricht. Doch ist das Kabel gut genug für eine saubere Übertragung, bringt noch «besseres» Material keinen zusätzlichen Qualitätsgewinn mehr.
Bleibt eine letzte Möglichkeit, die teils happigen Preise zu erklären, die im Fachhandel für bestimmte Kabel verlangt werden: Die Marge.
Die Marge machts!
Zubehör, insbesondere Kabel, sind ein attraktives Zusatzgeschäft für den Handel. Denn mit höheren Margen beim Zubehör versucht der Handel, die sinkenden Preise bei Geräten wie Flachbildfernsehern oder Notebooks wett zu machen. Diese Annahme bestätigte uns ein Angestellter eines grossen Zubehörfabrikanten. Der Mann, der anonym bleiben möchte, arbeitete zuvor als Verkäufer für eine bekannte Elektronikkette.
Mit dieser Marge ist auch die grosse Differenz erklärt, die zwischen Ladengeschäften und dem Online-Handel besteht, wenn es um Kabel-Preise geht. Denn die Kosten eines Ladenbesitzers sind der Ladenmiete wegen höher als jene des Online-Händlers. Damit am Ende noch etwas für ihn übrig bleibt, muss der Ladenbesitzer deshalb eine höhere Marge anstreben als die Konkurrenz aus dem Internet.
China macht alles noch billiger
In letzter Zeit geraten aber auch die klassischen Online-Händler vermehrt unter Druck. Der Grund sind Anbieter wie der chinesische Online-Gigant Alibaba, die Kabel im Netz zu unschlagbaren Preisen anbieten.
Viele europäische Online-Anbieter mussten deshalb nachziehen: Auch bei uns gibt es nun HDMI-Kabel für unter 10 Franken. Damit sind sie nicht mehr viel teurer als entsprechende Angebote bei Alibaba.
Der Unterschied ist jedenfalls klein genug, dass sich die Bestellung aus China nur noch für den lohnt, der Zeit hat zu warten. Denn bei Alibaba kann es auch ein paar Wochen dauern, bis die Lieferung schliesslich beim Käufer eintrifft.
Fazit: Wer gut plant kann sparen
Aus all dem schliessen wir: Wer günstig Kabel kaufen will, sollte online bestellen. Am besten in China. Und so früh wie möglich.
Wir kennen das Phänomen von den Flugreisen: Wenn ich heute eine Reise buche, die ich morgen schon antreten will, dann kann das schnell zehnmal so teuer werden, als hätte ich denselben Flug bei derselben Fluggesellschaft ein halbes Jahr im Voraus gekauft.
Beim Kabelkauf gilt ein ähnliches Prinzip: Wenn ich heute im Fachhandel einen Beamer kaufe und erst an der Kasse merke, dass mir ein nötiges Kabel dazu fehlt, dann muss ich etwas tiefer in die Tasche greifen. Dagegen spart Geld, wer vorausgeplant und sein Kabel schon vorher bestellt hat.