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Logo und Smartphones
Legende: Cyanogen: Statt Android ein Teufelchen im Logo Collage SRF

Digital «Wir wollen Google Android wegnehmen»

Google wollte einst dem iPhone mit einem offenen System Konkurrenz machen. Heute dominiert der Suchmaschinist zunehmend den Smartphone-Markt. Eine kleine Firma will das ändern und bietet ein alternatives Betriebssystem für Android-Handies an.

Zwei Firmen beherrschen den Smartphone-Markt: Apple (20 Prozent) und Google (80 Prozent). Den ganzen Markt? Nein! Ein kleines Unternehmen aus Seattle leistet Widerstand. Es versucht, den Riesen Google mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Doch alles schön der Reihe nach.

Apple bringt den mobilen Computer

Cyanogen installieren

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Die Liste der Android-Smartphones , die Cyanogen unterstützt, wird immer länger. Für Windows-Nutzer gibt es eine spezielle Software , die die Installation auf dem Smartphone vereinfacht.

Doch Achtung: Zuerst abklären, ob man durch die Installation nicht die Garantie des Herstellers verliert und ob man nicht gegen Auflagen des Netzanbieters verstösst.

Spätestens als Apple 2007 mit dem iPhone ein eigenes Smartphone lancierte, da war den Verantwortlichen bei Google klar: Die Zukunft des Computers liegt in der Hosentasche. Das Sprungbrett ins Internet wird sich vom PC aufs Smartphone verlagern. Und klar war auch: Wer die Apps auf diesen mobilen Computern kontrolliert, der bestimmt auch, zu welchen Diensten seine Kunden Zugang haben. Dem Suchmaschinisten Google wurde angst und bange bei dem Gedanken, dass Apple dominieren könnte und Apple-Kunden in Zukunft keinen Zugang mehr zur Google-Suche haben würden. Der Internet-Konzern sah sich zum Handeln gezwungen.

Google schlägt zurück

Um mit Apple gleichzuziehen, stellte Google das eigene Smartphone-Betriebssystem Android allen interessierten Hardware-Firmen als Open-Source-Lösung kostenlos zur Verfügung. Open-Source heisst: Der Quellcode der Software wird mitgeliefert. Wer über Programmierkenntnisse verfügt, hat Einblick in die Funktionsweise des Betriebssystems – und darf dieses verändern. Eine Programmiererin kann etwa Sicherheitslücken aufspüren und diese schliessen oder Fehler beheben. Die so verbesserte Software kann wieder allen Nutzern übers Internet zur Verfügung gestellt werden. Dieses Vorgehen setzt eine grosse Dynamik in Gang: Tausende von Programmieren weltweit verbessern so pausenlos und kostenlos Software für die Allgemeinheit.

Dieses Angebot an die Hardware-Hersteller war so verlockend, dass Samsung, HTC, ASUS und viele andere ihre Smartphones unter Android laufen liessen. Und das mit Erfolg: 80 Prozent aller moderner Handys laufen heute unter dem Google-Betriebssystem.

Das Online-Magazin «Ars Technica» spricht von einem trojanischen Pferd, das Google seinen Partner-Firmen unterjubelte. Mit speziellen Verträgen versucht Google nun zu verhindern, dass die Hardware-Firmen für den Konzern entscheidende Apps wie die Suche, Google-Mail oder Google-Maps nicht durch eigene oder solche der Konkurrenz ersetzen können.

Ein Aussenseiter greift an

Dem Gründer der Firma Cyanogen, Steve Kondik, passt das nicht. Seit mehreren Jahren bietet er eine Android-Version zum freien Download an, die Android-Nutzer nach Gutdünken konfigurieren können. Wer auf einen Dienst wie etwa Google-Mail oder Google Maps verzichten will, der muss die dazugehörende App auch nicht installieren. Dienste, die man nicht braucht, einfach rausschmeissen zu können – diese Flexibilität hat Vorteile: Die Leistungsfähigkeit des Gerätes nimmt zu. Die Android-Versionen von Cyanogen sind deshalb auch bei den Besitzern älterer Geräte beliebt.

Doch damit nicht genug: Die Nutzer können auch die Bedienoberfläche konfigurieren und sie haben eine ausgefeilte Kontrolle darüber, was die einzelnen Apps dürfen und was nicht. Mit OpenVPN wird zudem eine Verschlüsselungssoftware mitgeliefert und die Geräte können Musik im High-End FLAC-Format abspielen.

Wer ist der nächste Goliath?

Anfangs hat Steve Kondik noch in der Freizeit programmiert. Unter dem Pseudonym «Cyanogen» stellte er seine Android-Versionen für verschiedene Smartphone-Modelle zum freien Download zur Verfügung. Bald hatte er die Unterstützung von hunderten ehrenamtlichen Software-Entwicklern, die sich übers Internet koordinierten.

Aus dem Hobby ist ernst geworden, aus Open-Source ein Geschäft: Cyanogen ist heute ein Startup-Unternehmen mit 80 Mitarbeitern. Der Wert der Firma wird auf 500 Millionen Dollar geschätzt und zu den Kunden gehören mittlerweile indische und chinesische Hardware-Produzenten.

Das ist nicht bei allen freiwilligen Helfern gut angekommen, viele fühlten sich ausgenutzt. Der Gründer Steve Kondik und sein CEO Kirt McMaster sehen ihre grosse Chance aber erst noch kommen. Die beiden sind der Meinung, dass Google das einst offene Android zu stark dominiere. An einer Konferenz verkündete McMaster kürzlich: «Wir wollen Google Android wegnehmen.» Dahinter steckt mehr als blosses Marketing. Namhafte Venture-Kapitalgeber liessen sich überzeugen und haben investiert: Über 100 Millionen war ihnen die Alternative zu Googles Android wert – ein offenes Betriebssystem, über das nun schon zwei Firmen wachen und damit Geld verdienen wollen.

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