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Ein in Rotlicht getauchter junger Mann schaut überrascht in die Kamera, hinter ihm ein am Computer sitzender zweiter junger Mann, dessen Blick eher skeptisch ist.
Legende: Jung, Nerd, erfolgreich: Thomas Middleditch und Josh Brener in der Serie «Silicon Valley», die bei HBO in den USA neu angelaufen ist. HBO

Digital Wo man auch hinschaut, überall Nerds

Sei es in Spike Jonzes Kinofilm «Her» oder in der eben in den USA angelaufenen TV-Serie «Silicon Valley»: Technik und Technik-Nerds sind überall. Aber warum die neue Prominenz? Und hat sie schon Auswirkungen auf die Berufswünsche von Jugendlichen? Wir haben nachgefragt.

Gleich in der ersten Folge lässt Richard (Thomas Middleditchs) seine Mitstreiter in « Silicon Valley » wissen: «Für tausende von Jahren wurden Typen wie wir windelweich geprügelt. Aber jetzt leben wir zum ersten Mal in einer Zeit, in der wir das Sagen haben können und unser eigenes Reich aufbauen! Wir können die Wikinger unserer Zeit sein!»

Wir können die neuen Wikinger sein!
Autor: Richard in «Silicon Valley»

Auch wenn Richards linkische Art nicht so recht zum Bravado seiner Rede passen will: Tech-Nerds leben tatsächlich in goldenen Zeiten. Vor Jahren noch als soziale Aussenseiter verlacht, stehen sie heute vielerorts ganz oben in Rang und Ansehen. Computer-«Stars» wie etwa Bill Gates, Steve Jobs oder Facebooks Mark Zuckerberg haben gezeigt, dass sich mit Wissen in diesem Bereich viel Geld verdienen lässt. Und solche Underdog-Stories, Geschichten, in denen es einer aus eigener Kraft von unten an die Spitze schafft, faszinierten das Publikum schon immer.

Mehr als bloss soziale Aussenseiter

Petra Schrackmann, die am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich forscht, kennt noch einen weiteren Grund, warum gerade jetzt die Zeit reif ist für Tech-Nerds und Technologie-Themen in Film und Fernsehen: Weil sich unser Umgang mit Technologie an sich verändert hat.

Ein junger Mann hält eine emotianale Rede an zwei seiner Kollegen.
Legende: Die neuen Wikinger! Thomas Middleditch als Richard aus der HBO-Serie «Silicon Valley». YouTube/SRF

Spätestens seit kaum mehr jemand das Haus ohne Smartphone in der Hosentasche verlässt, sind Computer in unserem Leben allgegenwärtig. Und so, meint Schrackmann, habe auch das Publikum gelernt, Interesse an Technik und Computern nicht bloss als Aussenseiterwissen zu verlachen – selbst wenn Serien wie «The Big Bang Theory» oder «Silicon Valley» ihre Komik oft immer noch aus der trottelhaften Zeichnung ihrer Figuren schöpfen.

Dank Games Interesse an Computern

«Die Gesellschaft redet zur Kultur, und die Kultur redet zurück zur Gesellschaft» sagt Petra Schrackmann und meint damit, dass Filme und Fernsehserien nicht nur gesellschaftliche Tendenzen aufnehmen, sondern selbst auch die Gesellschaft beeinflussen können, in der sie stattfinden. Zum Beispiel indem sie vorgeben, welche Interessen und Tätigkeiten als interessant und legitim gelten – Programmieren etwa oder Computerspiele.

Aber hat das neue Renommee von Nerds schon Folgen in der Praxis, auf die Berufswünsche von Jugendlichen? Bei der Berufsberatung des Kantons Zürich merkt man tatsächlich, dass sich Schulabgänger vermehrt für Berufe interessieren, die mit Technik und Computern zu tun haben. Der Abteilungsleiter Berufs- und Laufbahnberatung Stavros Georgiadis glaubt allerdings nicht, dass das Interesse von Figuren aus Film und Fernsehen angestachelt würde. Wichtiger seien die Freizeitbeschäftigungen der Jugendlichen: Wer viel Zeit mit Chatten oder Gamen verbringe habe einen engen Bezug zum Computer und darum oft auch Interesse an Computer-Berufen.

Gender-Gap auch im Fernsehen

Georgiadis gibt zu bedenken, dass es dabei durchaus Unterschiede zwischen den Wünschen von Mädchen und Jungen gebe: Während letztere sich vor allem für den Beruf des Informatikers interessierten, stehe bei Mädchen eher die Ausbildung als Mediamatikerin im Vordergrund – die nicht selber programmiert, sondern sich im Feld zwischen Multimedia, Design und Marketing bewegt, also eher gestalterisch wirkt.

Sowieso kämen Mädchen von sich aus weniger auf die Idee, einen Technik-Beruf zu ergreifen. Oft erführen sie erst in der Berufsberatung, dass es solche Möglichkeiten gibt. Ein klassischer Gender-Gap also, den wohl auch eine Serie wie «Silicon Valley» nicht korrigieren wird: Werden dort Frauen gezeigt, dann nicht als Programmiererinnen, sondern eher in der Funktion als Marketingassistentin oder Sekretärin.

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