Zu Beginn eine Quizfrage: Wem gehören diese Vogelstimmen?
Wer singt hier?
A) Baumfalke, Zaunkönig, Goldammer
B) Buntspecht, Amsel, Rotkehlchen
C) Eichelhäher, Baumpieper, Kolkrabe
Die richtige Antwort steht unten im Artikel.
Wer richtig geraten hat, kann hier aufhören zu Lesen. Wer dagegen von Piepen und Zwitschern keine Ahnung hatte, sollte sich einmal den « Zwitsch-o-mat » (iOS) ansehen.
Die App zum Erkennen von Vogelstimmen funktioniert auf dieselbe Weise wie etwa «Shazam» das beim Erkennen von Musikstücken macht: Wir müssen das Mikrophon unseres Telefons in Richtung Vogelgesang halten und 10 Sekunden möglichst ruhig bleiben. Der «Zwitsch-o-mat» analysiert das Gehörte und zeigt uns dann den Vogel, der gesungen hat. Oder – sollte sich der Gesang nicht eindeutig zuordnen lassen – eine Auswahl von Vögeln, die als «Interpreten» in Frage kommen.
Anschliessend lässt sich die Aufnahme erneut anhören und wir können sie mit den angezeigten Ergebnissen vergleichen, um den richtigen Vogel zu identifizieren. Weil der «Zwitsch-o-mat» dazu nicht auf eine externe Datenbank zugreifen muss, funktioniert die App auch ohne Internetverbindung. Egal wie abgelegen unser Aufnahmeort ist. Das wollten wir natürlich ausprobieren.
Die App erkennt den Ruf des Buchfinken
Wir sind also mit dem Smartphone in der Hand zum nächsten Wald gewandert. Allerdings nicht ohne fachkundige Begleitung: Mit dabei war Pirmin Nietlisbach vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich , der sich mit Vogelstimmen weit besser auskennt als wir unbedarften Büromenschen.
Er macht uns auch gleich auf einen Planungsfehler aufmerksam: Dass es im Herbst schwierig ist, Vögeln beim Singen zuzuhören. «Gesang hat bei den Vögeln in erster Linie die Funktion, ihr Revier zu verteidigen oder einen Partner anzulocken», so Nietlisbach. Und das ist vor allem im Frühling der Fall. Immerhin: Das Rotkehlchen singt auch im Herbst seine Lieder – bloss hielt es sich damit vornehm zurück, als wir im Wald unterwegs waren.
Singen – also längere Tonfolgen – war also keines zu hören. Doch aus den Wipfeln riefen Meisen, Kleiber oder Eichelhäher, liess uns der Biologe wissen. Solche Rufe dienen den Tieren zum Kontakthalten untereinander oder als Warnung vor Gefahren. Weil sie kürzer sind und einige Vogelarten sehr ähnliche Rufe haben, sind sie schwieriger voneinander zu unterscheiden als Gesang. Da war es überraschend, dass die App trotzdem den leisen Ruf eines Buchfinken erkennen konnte; beziehungsweise ihn als einen von drei möglichen Kandidaten vorschlug. Ein Beweis, dass die Algorithmen der App durchaus funktionieren.
Vogelgesang ist schwieriger zu erkennen als Musik
Um einzelne Vogelstimmen zu erkennen, nutzt der «Zwitsch-o-mat» Techniken des maschinellen Lernens . Damit ist die App in der Lage, aus Beispielen selbst bestimmte Gesetzmässigkeiten abzuleiten und so ihre Treffergenauigkeit immer weiter zu steigern. Solche Methoden kommen auch bei der menschlichen Spracherkennung zum Einsatz. Und festzustellen, welcher Vogel im Wald singt, ist nicht weniger kompliziert als zu analysieren, welche Worte eine Person gerade spricht.
Das schon erwähnte Erkennen von Musikstücken ist dagegen ungleich einfacher, schliesslich tönt die Aufnahme eines Songs ab Konserve immer gleich. Der Gesang eines Vogel variiert aber von Tier zu Tier und kann auch beim selben Vogel in verschiedenen Situationen anders klingen. Kommt dazu, dass im Wald selten nur ein Vogel alleine singt, sondern Tiere der verschiedensten Arten wild durcheinander zwitschern und pfeifen. Das macht es für die App schwierig, den Gesang eines bestimmten Vogels herauszufiltern. Und dann kommt noch der Wind dazu...
Ein «Vogelschutzmodus» um keine Tiere zu stören
Schon eine leichte Brise kann eine Aufnahme stören und das Erkennen der Vogelstimme unmöglich machen. Die App warnt uns deshalb bei solchen Problemen automatisch, das Mikrofon des Smartphones mit der Hand zu schützen.
Pirmin Nietlisbach jedenfalls war zufrieden mit den Leistungen der App. Er glaubt, dass ein Dienst wie «Zwitsch-o-mat» auch der Forschung helfen könnte. Etwa, wenn es darum geht, aus einer längeren Aufnahme den Gesang einer bestimmten Vogelart herauszufiltern.
Oder dass sie beim Arten-Monitoring zum Einsatz kommt: Also bei der Kontrolle, wie verbreitet eine Vogelart in einem Gebiet ist oder von wann bis wann sie sich dort niederlässt.
Ach ja, da war ja noch die Quizfrage: Antwort B ist richtig. Die Vögel heissen Buntspecht, Amsel, Rotkehlchen.