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Digital Daten-Geschwindigkeit im Internet: Ein ungleiches Rennen

In den USA können künftig nicht mehr alle Daten gleich schnell durchs Internet rasen. Allerdings könnte auf die neue Ungleichheit bald schon eine stärkere Regulation folgen.

Vor wenigen Tagen hat ein US-Berufungsgericht nun die US-Telekom-Unternehmen von dieser Pflicht entbunden. Zuvor hatte der Telekom-Konzern Verizon gegen die Netzneutralität geklagt. Nun steht es Netzbetreibern in den USA also offen, zum Beispiel spezielle Gebühren von Diensten wie Netflix oder YouTube zu verlangen, die mit ihren Videoinhalten einen grossen Teil der Datenströme ausmachen.

«Netzneutralität» bezeichnet die Pflicht der Internet-Provider, alle Datenpakete im Internet gleich zu behandeln. Also alle Daten gleich schnell und in gleicher Qualität an ihre Kunden weiterzugeben – unabhängig davon, ob es sich um ein Katzen-Videos oder Inhalte von Behörden-Webseiten handelt.

Die Schweiz kennt (noch) keine Netzneutralität

Mit seinem Urteil entschied das Gericht allerdings nicht darüber, ob Netzneutralität nun etwas Gutes oder Schlechtes ist. Es stellte lediglich fest, dass den US-Behörden im seit zehn Jahren weitgehend deregulierten Geschäft mit Breitband-Internet das Recht fehlte, solche Regeln überhaupt einzuführen.

Schweizer Telekom-Unternehmen kennen keine Pflicht zur Netzneutralität. So ist es Orange möglich, seinen Kunden ein Abonnement anzubieten, mit dem sie Musik des Streaming-Anbieters Spotify hören können, ohne damit ihr monatliches Datenvolumen zu belasten – eine Bevorteilung Spotifys gegenüber anderen Anbietern.

Konkurrenz-Angebote können benachteiligt werden

Befürworter sehen in der Netzneutralität ein wichtiges Mittel, das Internet als zensurfreien, demokratischen Raum zu erhalten, in dem jede Stimme gleich viel zählt. Ausserdem sehen sie die Netzneutralität als wichtige Voraussetzung für Innovation im Internet – als Garant für gleich lange Spiesse und dafür, dass etablierte Anbieter neue Dienste nicht einfach abwürgen können. Zum Beispiel indem Google einem Anbieter Geld zahlt, damit dieser Google-Dienste bevorzugt behandelt.

Zu so einer Bevorzugung kann es auch kommen, wenn ein Telekom-Unternehmen selbst Internetdienste wie einen Videoservice anbietet. Ohne das Gebot der Netzneutralität steht es ihm frei, die eigenen Angebote zu bevorteilen und besonders schnell und in bester Qualität an die Kunden auszuliefern.

Neutralitätsverletzung vs. Netzüberlastung

Allerdings gibt es auch gegenteilige Meinungen: Der ehemalige Swisscom-Chef Carsten Schloter etwa setzte sich an einem Hearing der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit dafür ein, gewisse Verletzungen der Netzneutralität zuzulassen – gerade auch im Namen der Innovation. Medizindienste etwa hätten im Internet nur eine Chance, so Schloter, wenn sie auf der Datenautobahn Priorität erhielten.

Für die Internet-Provider sind solche Neutralitätsverletzungen auch ein Mittel, eine Überlastung der Netze zu vermeiden und den Datenfluss zu optimieren. So können sie eine Mindestqualität für Videostreams garantieren oder eine verzögerungsfreie Übertragung bei der Internet-Telefonie.

Auch der Bundesrat will handeln

In den USA ist die Netzneutralität mit dem Entscheid des Berufungsgerichts allerdings nicht vom Tisch. Vielmehr haben die Behörden nun die Möglichkeit, die Internet-Anbieter rechtlich etwa den Telefongesellschaften gleichzustellen. Für die gilt seit jeher, dass alle Telefongespräche nach dem gleichen Prinzip weitergeleitet werden müssen und kein Anrufer einem anderen gegenüber bevorzugt wird.

Audio
Das (vorläufige) Ende der Netzneutralität
05:23 min
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 23 Sekunden.

Auch in der Schweiz wird die Netzneutralität in Zukunft ein Thema sein. Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) hat im Dezember 2012 eine Motion eingereicht, mit der er die Netzneutralität gesetzlich will verankern lassen.

Die Motion wurde bislang noch nicht behandelt; der Bundesrat lehnt sie aber ab. Er will stattdessen in der bevorstehenden Teilrevision des Fernmeldegesetzes Vorschläge zum Thema Netzneutralität machen. Darauf, welche Massnahmen konkret zum Tragen kommen sollen, will sich der Bundesrat aber noch nicht festlegen.

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