Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Digital am Sonntag Digital am Sonntag, Nr. 62: Sag mir nicht, wie ich leben soll

Das Thema dieses Wochenende: Video-Propaganda fleht uns an, nicht ständig auf Smartphone-Bildschirme zu starren. Das ist heuchlerisch und anmassend.

Box aufklappen Box zuklappen

Am Wochenende hat man Zeit. Deshalb stellen wir hier jeden Freitag die Artikel zu Digital-Themen zusammen, die wir lesens- und bedenkenswert finden. Setzt euch zu uns in die bequemen Sessel dieser «chambre de réflexion digitale»!

Habt auch ihr einen Tipp? Sagt es uns.

In einem Kommentar bei «Heise Online» wettert Clemens Gleich gegen Videos wie «Look up» oder «I forgot my phone».

Diese Videos erreichen dutzende Millionen Views, weil uns allen schon einmal aufgefallen ist, dass neuerdings sehr viele Menschen sehr oft auf ihr Smartphone starren. Und weil das neu ist, muss es gefährlich sein.

Clemens Gleich bemerkt nicht nur das heuchlerische dieser Videos, die ihren «Gedankenanstoss» exakt so portionieren, dass er bequem zwischendurch auf ebendiesen Smartphones konsumiert werden kann.

Sondern er entlarvt auch die Nichts-Aussage:

«Da sollte man wirklich mal darüber nachdenken!» Leider macht das dann keiner[…]. Denn wenn man darüber nachdenkt, bleibt von diesen Videos nichts über als scheinheilige Fortschrittskritik, wie es sie in identischer Form gibt, seit jemand dieses neumodische Feuer erfunden hat.

Damit spricht er mir aus der Seele.

Man setze sich nur mal in einen Bus und beobachte die Gesichter der Menschen, die auf ihr Smartphone «starren». Natürlich gibt es da traurige oder müde Gesichter, wie in jedem Bus seit immer. Aber es gibt auch die hellen Gesichter, die selbstvergessen vor sich hin lachen, weil eine Freundin im Chat etwas Lustiges gesagt hat. Das sind echte Gefühle, die echte Menschen in diesem Moment ohne Technologie nicht gehabt hätten.

Ich muss zugeben, dass mich ein Video wie «Look up» wütend macht. Nicht nur, weil ich mich persönlich angegriffen fühle. Sondern auch, weil es unglaublich arrogant und anmassend ist, einfach zu behaupten, dass uns diese oder jene Art zu leben isolierter, einsamer, dümmer, ärmer mache.

Dem bekannten Webcomic-Zeichner Randall Munroe gelingt es hier, rational zu argumentieren:

If «other people having experiences incorrectly» is annoying to you, think how unbearable it must be to have a condescending stranger tell you they hate the way you're experiencing your life […].

Ich möchte aber eigentlich lieber so reagieren, wie es mein Liebling Danny McBride in «Hot Rod» tut:

Don't you try to tell me how to live my life.

Meistgelesene Artikel