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Digital Fabian Thylmann: Der Ex-Pornokönig und sein Imperium

Auch wenn wir es nie tun würden: Wir alle kennen jemanden, der sich Pornos im Internet anschaut. Oft auf Seiten wie Pornhub, Youporn und Brazzers. Dahinter steckt immer dieselbe Firma, die ein 37-jähriger Deutscher aufgebaut hat – und wieder abstiess. Die Fakten zu Fabian Thylmanns Porno-Imperium.

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Die Porno-Flatrate (SRF 3)
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Der Markt boomt offenbar noch immer. Seit Anfang August gibt es die Webseite Pornhub – ein Youtube für Porno-Filme – im Premium-Paket als unbegrenztes Buffet à discretion: 100'000 Pornofilme in HD-Auflösung, in voller Länge plus andere Pornhub-Inhalte, wenn's nicht genügen sollte, zum Beispiel Amateurvideos. Das alles ohne Werbung. Pornhub wird zum «Netflix des Pornos».

Das ist der Höhepunkt einer gerade einmal zehnjährigen Wirtschaftsgeschichte. Es ist die Geschichte vom Aufstieg und Ausstieg des 37-jährigen Fabian Thylmann aus Aachen in Deutschland und seines Porno-Konglomerats Mindgeek.

Thylmann begann seine Karriere als Programmierer einer Software, die zur Werbevermarktung und Abrechnungskontrolle im Internet eingesetzt wird. Nats, der Name der Software, war ein trockenes Buchhaltungsprogramm – aber angepasst an die Bedürfnisse der Porno-Industrie.

Schnöde Buchhaltungssoftware bringt das Geld zum Fliessen

2006 stieg Thylmann aus dem Unternehmen aus, bekam eine satte Provision in Millionenhöhe und kaufte damit seine erste Porno-Webseite: Privat-Amateure. Deren Profit explodierte innert Monaten und so konnte sich Thylmann bald andere einschlägige Portale hinzukaufen. Er soll dafür gut 140 Millionen Dollar bezahlt haben.

Fabian Thylmann in einem Interview an einer Konferenz in London,
Legende: Fabian Thylmann: «65 Mio. Benutzer pro Tag - aber keiner guckt Pornos. Das finde ich interessant ...» Youtube.com

2010 ging Thylmann weiter auf Einkaufstour und reihte das erfolgreiche Pornhub in sein Konglomerat ein, dem er mittlerweile einen Namen verpasst hatte. «Manwin», ein verschachteltes Gebilde aus mehreren Dutzend Firmen, zu denen die grossen Internetportale und Marken der Szene gehören.

Addiert man alle Klicks, die auf den Internetseiten seiner Firmen zusammenkommen, ergibt das mehrere Milliarden pro Jahr. Das sind Grössenordnungen, die sonst nur Giganten wie Facebook oder Google erreichen.

Allein Pornhub zieht heute pro Tag rund 16 Millionen Benutzer an – aktive Benutzer mit eindeutigen Absichten. Zwar liegt Pornhub bei den meistbesuchten Porno-Seiten nur auf dem zweiten Rang – an erster Stelle steht XVideos.com, die nicht Thylmann gehört – doch Pornhub bietet mehr einschlägige Videos in seinem Katalog als jedes andere Portal.

Seit 2011 betreibt Manwin ausserdem die Web- und TV-Produkte von Playboy, unter anderem den in vielen Ländern verfügbaren und kostenpflichtigen Erotiksender Playboy TV.

Verhaftung und Ausstieg

Im Dezember 2012 hatte Fabian Thylmann auf seinem Anwesen in einem noblen Brüsseler Vorwort Besuch – von der Polizei. Sie verhaftete ihn wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung.

Zwar kam der Deutsche kurze Zeit später nach Zahlung einer zweistelligen Millionenkaution wieder auf freien Fuss, doch das Erlebnis hinterliess Spuren bei ihm: Im Oktober 2013 verkaufte er seine Anteile an Manwin überraschend an zwei Manager aus dem eigenen Haus, die das Unternehmen umgehend in Mindgeek umbenannten. Thylmann soll für den Verkauf gut 100 Millionen Euro bekommen haben.

Screenshot der Mindgeek-site mit drei Kreisen mit Zahlen drin: 100 Mio. Besucher täglich, über 3. Mia. Aufrufe unserer Werbeanzeigen, über 1000 Mitarbeiter.
Legende: Mindgeek: Im Internet gibt sich die Porno-Macht sehr diskret. Screenshot

Mindgeek ist heute neben dem Hauptsitz in Luxemburg auch in Kanada, den USA, Grossbritannien, Irland, Deutschlang und Zypern aktiv. Und daneben bietet Mindgeek Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern verschiedenste Internet-Dienstleistungen an: vom Suchmaschinenmarketing über Daten-Hosting bis zu Werbung.

Diese Angebote werden auf der Webseite der Firma gross präsentiert, während das Porno-Netzwerk bloss unter dem schlichten Titel «Bereitstellung medialer Inhalte» auftaucht.

Dennoch dürften die Videos den allergrössten Teil am Umsatz der Firma ausmachen, schliesslich sind Youporn, Redtube oder Brazzers im Firmenverbund ebenso vertreten wie die amerikanische Porno-Produktionsfirma Digital Playground. Der dadurch generierte Umsatz wird auf über 100 Millionen im Jahr geschätzt. Der weltweite Gesamtumsatz der Erotikindustrie soll gut 2000 Milliarden Dollar betragen.

Anklage wegen Steuerhinterziehung

Die Vorwürfe sind noch nicht vom Tisch: Im April dieses Jahres erhob die Staatsanwaltschaft Köln nach zweijährigen Ermittlungen Anklage wegen Steuerhinterziehung gegen den Porno-Millionär Fabian Thylmann. Er bestreitet die Anschuldigungen – und bleibt ansonsten diskret. Er scheute und scheut die Öffentlichkeit, gab bis heute kaum Interviews und Auftritte in der Öffentlichkeit sind rar.

Einer der wenigen Auftritte fand erst vor kurzem statt: Thylmann war im Juni Gastredner zum Thema «Sexarbeiter» an der Oxford Union, einem altehrwürdigen Debatierclub, dessen Mitglieder hauptsächlich Absolventen und Studenten der Universität Oxford sind.

Das Thema Pornografie versucht Thylmann ansonsten hinter sich zu lassen. Er will mit seiner Investmentfirma, seinem Wissen und seinem Geld Start-Ups zum Erfolg verhelfen. Das sollte keines aus dem Sexgewerbe sein. Er habe derzeit vom Pornogeschäft genug, erklärte er Ende letzten Jahres an einer Konferenz in London. Mehr davon würde ihn derzeit anöden.

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