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Digital Firefox-Chef muss gehen

Mozilla-Chef Brendan Eich stellte sich gegen die gleichgeschlechtliche Ehe; das kam im Silicon Valley schlecht an. Nach heftiger Kritik – auch von Mitarbeitern – hat der 53-jährige nun seinen CEO-Posten abgegeben. Sein Nachfolger wird das Unternehmen vor allem für den Mobile-Markt fit machen müssen.

Im Jahr 2008 stimmte Kalifornien über die «Proposition 8» ab, die gleichgeschlechtliche Ehen verbieten wollte. Mit 52 Prozent wurde das Referendum damals angenommen – bevor der Oberste Gerichtshof der USA die Abstimmung wieder rückgängig machte und damit die gleichgeschlechtliche Ehe in Kalifornien legalisierte.

Nun hat der Urnengang ein unerwartetes Nachspiel. Und zwar für Brendan Eich, den Chef der Mozilla Corporation, die den Web-Browser Firefox herausgibt: Weil Eich im Abstimmungskampf Gegnern der gleichgeschlechtlichen Ehe 1000 Dollar gespendet hatte, musste er von seinem Posten als CEO zurücktreten.

Mitarbeiter forderten zum Rücktritt auf

Mit seinen Ansichten war Eich bei Mozilla am falschen Platz. Hinter der Mozilla Corporation steht die Mozilla Foundation – eine Non-Profit-Organisation, die sich im Internet für Offenheit, Innovation und freie Wahlmöglichkeiten stark macht. Eichs persönliche Abneigung gegen gleichgeschlechtliche Ehen drohte dieses Image der Offenheit und Toleranz zu gefährden. Zumal der neue CEO auch nach seiner Wahl nur wenig Willen zeigte, seine Meinung zu ändern oder zumindest damit hinter den Berg zu halten.

Eine Hand hält ein Smartphone auf dem Mozillas Betriebssystem Firefox OS läuft.
Legende: Probleme mit mobilen Geräten: Mozillas Betriebssystem für mobile Geräte, Firefox OS, konnte sich bisher noch kaum durchsetzen. Reuters

Für Mozilla wurde die schlechte Publicity nicht zuletzt deshalb zum Problem, weil die Mozilla Foundation auf Spendengelder angewiesen ist. Mit seiner Haltung stiess Eich auch bei Software-Entwicklern auf Widerstand: Sie wollten nicht mehr mit Mozilla zusammenarbeiten. Die Dating-Webseite OKCupid forderte ihre Nutzer sogar zu einem Boykott von Mozillas Firefox-Browser auf.

Auch intern geriet der CEO nach seiner Wahl unter Druck: Mozilla-Angestellte forderten ihn per Twitter zum Rücktritt auf. Schliesslich sah Eich wohl selbst ein, dass er die Mozilla Corporation unter diesen Umständen nicht mehr leiten konnte und trat aus eigenen Stücken zurück. «Natürlich stand er von allen Seiten unter Druck», sagt dazu die Mozilla-Vorstandsvorsitzende Mitchell Baker, «aber der Rücktritt war seine eigene Entscheidung.»

Technologie-Wahlkreise stimmten dagegen

Eichs persönliche Haltung gegenüber gleichgeschlechtlichen Ehen war bei Mozilla seit längerem bekannt. Aber das Unternehmen unterschätzte wohl die Kontroverse, die seine Wahl zum CEO auslösen würde. Zwar stimmte 2008 noch die Mehrheit der Kalifornier gegen das Recht für Schwule und Lesben, heiraten zu dürfen, aber innerhalb der Technologie-Gemeinde steht Eich mit seinen Ansichten recht einsam da.

Technologie-Firmen sind in Kalifornien vor allem an der Küste und in San Francisco zu Hause. Im Wahlkreis von Santa Clara zum Beispiel, dem Zentrum des Silicon Valley, wurde «Proposition 8» bei der Abstimmung im Jahr 2008 abgelehnt. Noch heftiger fiel die Niederlage im traditionell liberalen San Francisco aus, wo drei Viertel der Wählenden dagegen stimmten.

Zuckerberg an der Gay-Pride-Parade

Entsprechend gehört es für Technologie-Firmen und ihre Chefs fast schon zur Pflicht, sich gesellschaftlich offen zu geben, etwa in Fragen der gleichgeschlechtlichen Ehe. Google etwa setzt sich prominent für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transsexuellen ein. Pikantes Detail: Mozilla erhielt im Jahr 2012 280 Millionen Dollar von Google, um weiterhin die Standard-Suchmaschine im Firefox-Browser zu bleiben.

Weitere Beispiele: Amazon-Chef Jeff Bezos spendete zusammen mit seiner Frau 2,5 Millionen Dollar an eine Vereinigung, die sich für die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen einsetzt. Und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nahm zusammen mit 700 seiner Angestellten an der Gay-Pride-Parade in San Francisco teil.

Mozilla muss mobil werden

Vielleicht ist an der Mozilla-Spitze auch nicht jedermann traurig über Eichs Abgang. Der 53-jährige gilt zwar als brillanter Programmierer – er hat die Programmiersprache JavaScript entwickelt, war Mitbegründer von Mozilla und dort lange leitender Ingenieur. Doch trotzdem hofften viele, der neue CEO würde von ausserhalb der Firma kommen. Vor Eich sollen denn auch erst einmal 25 andere Kandidaten für den Job interviewt worden sein.

Audio
Mozilla-CEO Brendan Eich tritt zurück (SRF 4 News)
04:49 min
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Tatsächlich kann Mozilla den frischen Wind gut brauchen, den ein CEO von aussen ins Unternehmen bringen könnte. Auf Desktop-Rechnern ist Mozillas Firefox-Browser jüngst hinter dem Microsofts Internet Explorer und Googles Chrome-Browser zurückgefallen, liegt aber immerhin noch an dritter Stelle. Anders bei mobilen Geräten: Dort liegt von Mozilla selbst entwickelte Betriebssystem Firefox OS mit einem Anteil von weniger als 0,01 Prozent weit abgeschlagen auf einem der hintersten Ränge.

Noch ist kein neuer CEO für Mozilla bestimmt. Das Unternehmen will in der kommenden Woche darüber informieren, wie es nun weitergehen soll.

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