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Barrierefreiheit Ein Game, das auch Blinde spielen können

Trotz starker Sehbehinderung ist Daniele Corciulo ein leidenschaftlicher Gamer. Doch er musste 35 Jahre darauf warten, ein grosses Videospiel endlich von Anfang bis zum Schluss ganz ohne Hilfe durchspielen zu können.

Daniele Corciulo hat von Geburt an ein Sehvermögen von gerade einmal 1,5 Prozent. Das heisst, er kann Farben, Schatten oder Umrisse erkennen und auch für «schöne Frauen» habe es noch immer gereicht, meint Daniele bei unserer Begrüssung scherzhaft.

«Jeeetzt gumpe!!»

Da Daniele mit Sehenden aufgewachsen ist, sind Videospiele an ihm nicht einfach vorbeigegangen. Doch selber zu spielen war ohne Hilfe kaum möglich. Videospiele waren für Daniele in der Vergangenheit darum immer ein «Social Event» bei dem der Cousin oder ein Freund im richtigen Moment «jeeetzt gumpe!!» ruft.

Nun ist mit «The Last of Us Part II» das erste barrierefreie Videospiel auf den Markt gekommen. Barrierefreiheit bedeutet, dass alle einen möglichst gleichen Zugang haben – egal ob sie sehen können oder nicht, hören können oder nicht, im Rollstuhl sitzen oder nicht. Dazu müssen oft neue Wege gesucht werden, aber extra dafür gemachte Games braucht es nicht. So ist denn auch «The Last of Us Part II» das gleiche Spiel für alle. Und es ist eine Revolution in Sachen Barrierefreiheit und ein Vorbild für andere.

Audioguides und Zielhilfen

Über 60 verschiedene Einstellungen sind im Spiel implementiert, die das Gamen für alle möglich machen. So gibt es beispielsweise alternative Steuerungsmöglichkeiten, so dass man alle Knöpfe des Controllers neu zuordnen kann. Oder visuelle Hilfen, mit denen Farben, Kontraste, Texte und die ganze Benutzeroberfläche individuell angepasst werden können.

Daniele benötigt für vor allem Audiohinweise, die ihm sagen, was im Spiel gerade passiert. Ein Ersatz also für die Freunde und Cousins, die ihm früher an den richtigen Stellen zugerufen haben, der nun etwas eleganter im Spiel implementiert ist.

Um sich durch das Spiel zu bewegen drückt Daniele ein Mal kurz auf den linken Joystick des Controllers, und schon richtet sich die Spielfigur in die Richtung aus, in der es weitergeht. Anschliessend folgt er dem nun vorgegebenen Pfad so lange, bis ein nächster Audiohinweis signalisiert, sich neu auszurichten. Ein erneutes Drücken des Controllers dreht die Spielfigur dann in die richtige Richtung.

Ob etwas in der Umgebung auftaucht, mit dem man interagieren könnte, wird ebenfalls über einen hohes piependes Geräusch mitgeteilt. So gibt es ein ganzes Glossar von Audiohinweisen, das ein nicht sehender Spieler im Laufe des Spiels kennenlernt.

Ein Videospiel als Vorbild

Dass die Welt der Technologie leider alles andere als barrierefrei ist, muss Danile täglich auch in seinem Beruf merken. Er ist Accessibility Consultant für die Universität Zürich. Das heisst, er berät die Universität damit ihre Angebote barrierefrei, für alle zugänglich sind.

Viele Angebote sind aber alles andere als barrierefrei: Das fängt bei Online-Shops an, die für sehbehinderte Menschen kaum zugänglich sind und geht bis zu IV Formularen, die auch 2020 noch nicht digital und barrierefrei übermittelt werden.

Doch Daniele bleibt optimistisch. Denn wenn «The Last of Us Part II» zeigt, dass selbst ein derart visuelles Medium wie ein Videospiel vollkommen barrierefrei daherkommen kann, dann sollte das doch überall möglich sein

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