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Games Süferli Klötzchen stapeln mit «Drei»

Klötzchen zu einem Turm aufstapeln – was zunächst wie ein simples, aber elegant gestaltetes Puzzle aussieht, entpuppt sich als subtiles Gemeinschaftserlebnis.

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Der Game-Tipp zu «Drei» (SRF 3)
02:33 min
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 33 Sekunden.

«Drei» ist erstmal ganz einfach: Wir sollen Klötzchen aufeinander stapeln, bis der Turm einen weissen Kreis verdeckt.

Die Klötzchen sind weiss oder schwarz, der Hintergrund ist flächig grau – farbig ist nur unsere Spielfigur. Die wird zu Beginn des Spiels zufällig erstellt. Meine sieht aus wie ein rotgrüner Bajass-Tintenfisch. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass die Form dieses Avatars etwas sehr tiefgründiges über seine Spieler aussagt. Ich muss wohl mal nachdenken, was an mir tintenfischig ist.

Eine Tintenfischfigur stapelt Klötzchen.
Legende: Süferli absenken. Screenshot

Wenn wir unseren Tintenfisch oder Schirm oder Poncho bewegen, klingelt es leise. Wind oder Regen rauscht. Die Klötzchen klimpern. Das Sound Design von «Drei» ist erstklassig. Wir werden ruhig und entspannen uns und akzeptieren unseren inneren Tintenfisch.

Weil wir aber schon länger keine Babytintenfischchen mehr sind und Aufstapeln allein nicht sooo spannend ist, wird bald variiert. Es gibt verschiedene Klötzchen mit besonderen Eigenschaften. Manchmal schweben sie wie ein Kindergeburtstags-Ballon. Mal kippen regelmässige Windstösse unseren Turm um. Oder Trampolin-Flächen auf dem Boden schleudern die Klötzchen in die Luft.

Nicht mehr alleine

Nach einigen Levels hat uns «Drei» wortlos, aber klar seine Mechanik beigebracht. Wir denken, es mit einem elegant gestalteten Physics-Puzzle zu tun zu haben.

Ein grosser Klotz muss von zwei Figuren gehoben werden.
Legende: Das geht nur noch zu zweit. Screenshot

Dann stolpern wir über einen Level mit einem grossen runden Klotz, der zu schwer ist. Wir üben eine Weile sinnlos herum und müssen dann einsehen: Wir können den nicht anheben. Hm.

Schliesslich fällt uns auf, dass in der Level-Auswahl um einzelne Level ein feiner weisser Punkt kreist. Betreten wir diesen Level, sind wir da plötzlich nicht mehr allein. Ein anderer Tintenfisch oder Schirm fuhrwerkt da herum. Aha!

Das Spiel schaut also still im Hintergrund, wer gerade sonst spielt, und teilt uns jemanden zu. Wir können mit dieser Person nicht direkt reden – lediglich ein paar vorgefertigte Ausdrücke wie «Hoi», «Hilfmer», «Wart» oder «Süferli» auswählen. Ja, «Süferli». «Drei» ist eine Schweizer Produktion und wohl das erste Spiel überhaupt, in dem man «Süferli» sagen kann. Wer will, kann auch eine andere der achtzehn Sprachen auswählen, neben allen vier Landessprachen und Englisch beispielsweise auch Arabisch, Koreanisch oder Hindi.

Zwei Spieler treffen sich.
Legende: Der Schirm und der Tintenfisch. Screenshot

Und wieder geht ein Lämpchen auf: Das ist nicht irgendein Turm, den wir bauen, sondern wohl dieser berühmte da.

Im Gegensatz zu Babel ist hier aber die Sprachverwirrung kein Hindernis. Wir bauen unsere Türmchen nichtsdestotrotz, zu zweit oder zu dritt. Vielleicht tobt ein Besucher mal etwas herum und wirft lieber um als aufzustapeln. Doch das legte sich meist schnell. Dieses Erlebnis der spontanen Kooperation wildfremder, anonymer Menschen ist herzerwärmend. Diesbezüglich erinnert «Drei» etwas an «Journey».

Also: «Drei» klingt toll, sieht super aus und ist wohlig menschenfreundlich.

CH-Gameszene-Supergroup

Veröffentlicht hat es Etter Studio, entwickelt hat Mario von Rickenbach («Krautscape»). Er und Christian Etter haben schon einmal kooperiert («EMC») und gehören in der kleinen Schweizer Game-Szene zu den bekannteren Namen.

Weisser Balken am Boden, schwarze Zylinder in der Luft.
Legende: Regen und Schwebendes. Screenshot

Und so war es auch nicht sonderlich überraschend, dass «Drei» Ende November den ersten Swiss Game Developers Award erhielt. Soeben wurde es ausserdem für den «Excellence in Visual Arts»-Preis des renommierten Independent Games Festival nominiert.

Christian Etter hat sich in einem Interview und auf seinem Blog dennoch etwas enttäuscht gezeigt, denn der durchwegs guten Rezeption der Kritiker steht offenbar ein eher gleichgültiges Publikum gegenüber. Es scheint, dass «Drei» nicht nur damit kämpft, überhaupt wahrgenommen zu werden. Dazu mag die «Hürde» von drei Franken Kaufpreis für einige schon zu hoch sein.

Diese «Was nicht gratis ist, schaue ich mir erst gar nicht an»-Mentalität ist ebenso lächerlich wie schade. Etter ist nun auf ein «Freemium»-Modell umgeschwenkt, verlangt die drei Franken also erst nach einigen Gratis-Levels.

Weil «Drei» natürlich besser ist, wenn man es nicht alleine spielen muss, ist zu hoffen, dass es dadurch ein grösseres Publikum erreicht.

«Drei» gibt es im App Store für das iPad. Das Haikiew ist hier.

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