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Mit dem Handy das Internet-Abo sparen: Idee mit Tücken
Aus Espresso vom 05.06.2014. Bild: SRF
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Digital Mit dem Handy das Internet-Abo einsparen: Gute Idee mit Tücken

Über den Festnetzanschluss ins Internet? So was von gestern! Vor allem Junge, die zum ersten Mal alleine wohnen, pfeifen auf das Kabel und richten sich den Internetzugang zu Hause mit dem Smartphone ein. So sparen die Grundgebühr für den Festnetzanschluss und das Internet-Abo. Macht das Sinn?

Aktuelle Smartphones haben die Funktion «Mobiler Wlan-Hotspot» oder «Persönlicher Hotspot». Sie verwandelt das Handy in einen Wlan-Internet-Router, der anderen Geräten wie Notebooks oder Tablets den Zugang zum Internet ermöglicht.

Das Bild zeigt die Funktion Mobiler Wlan-Hotspot auf einem Smartphone.
Legende: Ein Kinderspiel: Schalter umlegen und Internetzugang des Smartphones mit anderen Geräten nutzen. Screenshot

Technisch haben Sie damit eine einfache Möglichkeit in der Hand, auch zu Hause das Smartphone als Internetzugang zu benutzen – und sich so den Festnetzanschluss zu sparen. Macht das Sinn? Ja, wenn Sie mit Folgendem leben können:

1) Sie müssen das Internet einschalten

Wenn Sie Internet über das Festnetz nutzen, ist das Internet einfach so da, ohne dass Sie irgendwelche Vorkehrungen treffen oder an irgendetwas denken müssen. Anders beim Smartphone. Hier müssen Sie die Tethering-Funktion jedes mal einschalten, wenn Sie Internet für die anderen Geräte benötigen – und wieder abschalten, bevor sie aus dem Haus gehen.

Zudem braucht das Handy viel Strom, da das Gerät einen Wlan-Hotspot aufbaut. Für stundenlangen Einsatz zu Hause müssen Sie es ans Netzteil anschliessen. Dies ist ein weiterer Aufwand, der gegenüber dem Internet über den Festnetzrouter auf Dauer mühsam sein kann.

2) Die Reichweite ist beschränkt

In Einfamilienhäusern mit mehreren Stockwerken kann die Reichweite eines Wlan-Funkers zu schwach sein, um jeden Raum mit seinem Signal abzudecken. Dann muss eine Verkabelung her mit mehreren Funk-Stationen, einer pro Stockwerk zum Beispiel. In solchen Situationen kann das Smartphone den Internetzugang übers Festnetz nicht ersetzen. Vor allem auch, wenn eine ganze Familie den Zugang nutzt: Gucken Tochter und Sohn Youtube-Videos und Mama zockt «Hay Day», bleibt Papa kaum mehr Download-Kapazität für Skype-Videotelefonie mit Grossmama. Bei einem guten Festnetzanschluss hingegen sind alle Familienmitglieder bestens bedient und die Geschwindigkeit resp. Kapazität der Leitung sackt nicht ins Bodenlose ab.

3) Die Geschwindigkeit ist nicht immer konstant

Internetzugänge übers Festnetz sind schnell. Um auch übers Handynetz wenigstens im Bereich der günstigsten DSL-Abos zu liegen, sollten Sie mindestens guten 3G-Empfang haben, besser 4G (LTE). Damit wären theoretisch Download-Geschwindigkeiten bis zu 300 Mbit/s möglich. In der Praxis liegt der Wert jedoch meist unter 10 Mbit/s.

Handyantenne auf einem Dach und Regenbogen.
Legende: Je mehr Benutzer sich eine Antenne teilen, desto langsamer wird für den Einzelnen der Zugang zum Internet. Reto Widmer / SRF

Das ist schnell, aber nicht so schnell, wie das Internet über eine Festnetzleitung ins Haus kommen kann. Bei Standardabos sind 10 MBit/s die Untergrenze. Beeinträchtigend kommt hinzu, dass die Geschwindigkeit variiert je nach Auslastung der Handy-Antenne in ihrer Umgebung. Dass ein Youtube-Video in hoher Auflösung zuerst fünf Minuten sauber läuft und dann plötzlich abbricht, kommt über die feste Internetleitung selten vor – über den Internetzugang via Handy kann dies immer mal wieder passieren, wenn die Antenne ihre Kapazität auf mehrere Benutzer verteilen muss. Wenn Sie auf schnelle Uploads angewiesen sind, ist beim Smartphone der Flaschenhals in der Regel ebenfalls enger als beim Festnetzanschluss.

4) Sunrise und Orange haben ein Datenlimit und drosseln das Tempo

Anders als beim Internetzugang übers Kabel müssen Sie beim Handynetz von Orange und Sunrise die Datenlimite beachten. Die Datenmenge ist je nach Abotyp begrenzt, zum Beispiel auf 5 GB. Überschreiten Sie diese Grenze, reduzieren die beiden Anbieter die Geschwindigkeit, so dass zwar ein «unlimitierter» Zugang ins Internet möglich ist, brauchbar ist er aber höchstens noch, um ein paar E-Mails abzurufen. 5 GB mögen für die Benutzung unterwegs viel sein – zu Hause ist diese Menge schnell verbraucht, vor allem, wenn mehrere Geräte und Benutzer über das Handy ins Internet gehen: Ein fettes System-Update des Computers und ein paar Stunden Videos gucken – weg ist das Datenguthaben und Sie «surfen» bis Ende Monat im Schneckentempo – oder erkaufen sich mit einem täglichen Obulus von einem Franken (bei Sunrise) wieder die volle 4G-Geschwindigkeit.

5) Swisscom lässt sich alle Optionen offen

Bei Swisscom ist es gar abhängig vom Abotyp, ob Sie die volle Geschwindigkeit erhalten: Nur bei teuren Abos dreht Swisscom den Schlauch voll auf – dafür dann aber «infinity». Es gibt kein Datenlimit. Theoretisch. Swisscom setzt auf die «Fair Use Policy» (siehe auch Textbox) – alle sollen das Angebot fair nutzen und keine Daten-Saug-Orgien veranstalten.

Wenn ein Kunde sich «unfair» verhält, alarmiert ein Programm den Kundendienst. Dieser ruft beim Übeltäter an und verlangt eine Erklärung – und unter Umständen eine Verhaltensänderung. Das Szenario komme selten vor, sagt Swisscom-Sprecher Sepp Huber: «Bei 1,8 Millionen Infinity-Kunden haben wir pro Monat weniger als zehn Kunden, die wir kontaktieren müssen».

Fair Use Policy

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Die Fair Use Policy («Regel zur angemessenen Verwendung») ist ein Absatz im Vertrag zwischen Handynetzbetreibern und Nutzern von Flatrates, die eine überdurchschnittliche Nutzung dieser Angebote verhindern soll. Bei einem Verstoss schränkt der Anbieter die Leistung des Produkts ein oder verrechnet den Mehrverbrauch zusätzlich.

Die Regelung sorgt dennoch immer wieder für Ärger und Verwirrung, da sie sehr schwammig ist. Swisscom betrachtet beispielsweise Aktivitäten, die «stationär» sind eher als Verstoss, weil das Handynetz für mobile Benutzung, für unterwegs, gedacht ist. Insofern würden auch Personen, die zu Hause das Internet übers Handy zu Verfügung stellen, unfair handeln? «Nein!», beruhigt Sepp Huber. Wenn der Zugang nur persönlich benutzt werde und nicht etwa zum Aufbau einer Standleitung für Videoüberwachung oder gar im Mehrfamilienhaus an andere Bewohner verkauft werde, müsse niemand ein schlechtes Gewissen haben. Dem Internetzugang zu Hause via Smartphone steht also aus Sicht der «Fair Use Policy» nichts entgegen.

Dennoch: Swisscom könnte jederzeit einschreiten, wenn ihr solches Verhalten plötzlich nicht mehr passen würde oder zu viele Personen auf diese Idee kommen könnten.

Video
Falsches Swisscom-Versprechen: «Infinity»-Abos sind begrenzt
Aus Kassensturz vom 27.05.2014.
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