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Digital Mit dem Handy gegen Korruption

Über mobile Kommunikation können korrupte, autokratische Gesellschaften destabilisiert werden bis hin zur Revolutionen. Nur: Was geschieht danach? Einen anderen Weg beschreitet ein Hilfswerk in China. Die Organisation versucht, die Korruption mittels Handy und Internet zu eliminieren.

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Mit dem Handy gegen Korruption (SRF3)
02:52 min
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Mehr als 1.1 Milliarden Handy-Anschlüsse sind nach offiziellen Angaben in China in Betrieb, rund 750 Millionen davon verfügen über einen Zugang ins Internet. 250 Miollionen Geräte zählen zu den Smartphones, sind also eigentlich Computer im Hosentaschen-Format.

Die Kluft zwischen Arm und Reich

Einerseits belegen diese Zahlen eindrücklich, welchen Wandel China in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat: Noch vor 20 Jahren war selbst ein Festnetzanschluss an vielen Orten ein Luxus. Andererseits darf man sich durch die Verbreitung moderner Geräte in den Städten nicht über das Ausmass der Armut in vielen ländlichen Gebieten täuschen lassen, wie das folgende Beispiel zeigt.

2011 erzählte eine Lehrerin dem Star-Journalisten Deng Fei, dass viele ihrer Schüler sich nicht konzentrieren können, weil sie so stark hungern. Deng Fei recherchierte und was er fand, schockierte ihn: In vielen ländlichen Gebieten Chinas war Hunger an den Primarschulen tatsächlich ein weitverbreitetes Phänomen. Er stiess auf Kinder, die trotz eines Schulwegs von mehreren Stunden nur einmal am Tag eine richtige Mahlzeit bekamen. Mehr können sich ihre Familien schlicht nicht leisten.

Spenden trotz Korruption?

Deng Fei entschloss sich, etwas zu unternehmen und gründete Free Lunch, ein Hilfswerk, das übers Internet Spenden sammelt und das Geld an Schulen mit bedürftigen Kindern weiterleitet. Die Schulen bereiten dann mit eigenem Personal ein Mittagessen zu für 45 Rappen pro Schülerin.

Doch Deng und seine Organisation hatten ein Problem: Zur selben Zeit geriet das Rote Kreuz in China wegen eines Spendenskandals in die Schlagzeilen. Die Bereitschaft der Spender sank drastisch, sehr zum Leidwesen von «Free Lunch». Deng musste sich dringend etwas einfallen lassen.

Transparenz dank mobiler Technologie

Um das Vertrauen in seine Organisation zurückzugewinnen, setzte Deng Fei deshalb auf absolute Transparenz. Es sollte jederzeit und für jedermann einsehbar sein, wann, wo und wofür die Spendengelder verwendet wurden – bis zum letzten Rappen. Dazu entwickelte er einen ausgeklügelten Prozess an der Basis: Bezieht eine Schule Gelder von «Free Lunch», so werden alle Verantwortlichen mit Name erfasst und diese Angaben im Internet veröffentlicht. Alle Beteiligten müssen minutiös Buch führen, nach einem Einkauf zum Beispiel müssen die Quittungen mit dem Handy fotografiert und ebenfalls im Internet veröffentlicht werden, auch das fertig gekochte Menü und die Buchhaltung – alles wird fotografiert und täglich online gestellt.

Meldet jemand etwas Verdächtiges oder hinterfragt eine Ausgabe, so geht Deng’s Organisation den Vorwürfen nach und zieht allenfalls die Konsequenzen.

Das Beispiel macht offiziell Schule

Diese Massnahmen waren erfolgreich, die Spender kehrten zurück. Bis heute nahm «Free Lunch» mehr als 4 Millionen Franken an Spenden ein, Tausende von Schülern in über 200 Schulen profitieren von der Unterstützung.

Das Vorgehen war so erfolgreich, dass die Regierung die Strategie übernahm und in einem ähnlichen Projekt ebenfalls anwandte.

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