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Blümchen auf der Bühne des Open Air Gampel
Legende: Blümchen bittet zum letzten Rave Open Air Gampel

Live Am Open Air Gampel Ausgepiept: Blümchens letzter Rave versetzt das Wallis in Ekstase

Die ehemalige Teenie-Ikone zeigt auf ihrer Abschiedstournee nicht einfach eine peinliche Nostalgie-Nummer, sondern eine Hommage an die 1990er-Jahre. Und versetzt Gampel in Ausnahmezustand.

Es ist kurz vor 1 Uhr morgens – und die Wiese vor der Konzertbühne rappelvoll. Offenbar will niemand beim Open Air Gampel den Auftritt derjenigen Frau verpassen, die in den 1990er-Jahren als Teenie mit schrillen Outfits, guter Laune und schnellen Beats die Herzen der Eurodance-Gemeinde eroberte. Und dann «boom-boom-boom boom-boomerangt» Blümchen los, und im Wallis gibt's kein Halten mehr.

Es ist, als hätte jemand eine Zeitmaschine auf 1995 eingestellt. Die mittlerweile 45-jährige Jasmin Wagner singt und tanzt zwischen aufblasbaren Einhörnern und Blumen mit Zwinkersmileygesicht. Ihre Stimme ist immer noch ein hochgepitchter Mix aus Zuckerwatte und Discokugel, der Bass haut in die Magengrube und die 180 Beats pro Minute fahren in die Beine, egal ob man will oder nicht.

Das ganze Open Air Gampel hopst und ravt dermassen ausgelassen zu Blümchens Happy Hardcore, dass sich bestimmt seismische Aktivitäten haben feststellen lassen im Rhonetal.

Durchgetakteter Rave

Auf der Setliste stehen alte Hits wie «Kleiner Satellit (Piep, Piep)», «Boomerang», «Herz an Herz», aber auch «Ravergirl» – also der Song, den Jasmin Wagner nach ihrem Blümchen-Comeback herausgegeben hat. Die ganze Show ist eng getaktet – Verschnaufpausen und Ansagen gibt’s wenige.

So verlief Blümchens Karriere

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Die Hamburgerin Jasmin Wagner war gerade mal 15 Jahre alt, als sie als Cheerleaderin entdeckt und zu Blümchen wurde. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre stürmte sie mehrfach die Charts, bevor sich Wagner 21-jährig zum ersten Mal von Blümchen verabschiedete und eine Karriere als Schauspielerin und Moderatorin begann.

2019 erfolgte das Comeback. Seit 2022 ist Wagner Mutter einer Tochter, weswegen sich die Prioritäten verschoben hätten. Darum sei es jetzt an der Zeit, das Kapitel Blümchen endgültig ad acta zu legen.

«Ich wäre selbst auch Blümchen-Fan»

Eigentlich habe sie das Thema Blümchen mit 21 abgehakt, erzählt Jasmin Wagner im Interview. Mit dem Aufkommen der 90s-Parties habe sie dann aber realisiert, dass ihre Musik zu einem Teil deutscher Musikgeschichte geworden sei. «Ich wäre auch Blümchen-Fan, wenn ich nicht selbst zufälligerweise Blümchen wäre», sagt sie und lacht.

Allerdings sei es nicht einfach gewesen, nach fast zwei Jahrzehnten noch einmal in die Haut von Blümchen zu schlüpfen. Was ihr helfe, sei ihr jugendliches Alter Ego als Figur zu sehen. «Eine Superheldin, die aus der Vergangenheit angereist kommt, um Freude und Euphorie zu verbreiten.»

Hommage an eine Ära

Blümchen war DER Teenie-Schwarm der 1990er-Jahre. Bei ihren Konzerten sollen Boxershorts auf die Bühne geflogen und Jungs in Ohnmacht gefallen sein. Die Herzen dürften ihr aber auch zugeflogen sein, weil Blümchen sympathisch nahbar, locker und unbekümmert wirkte. Und das tut Jasmin Wagner auch heute noch.

Blümchen auf dem Cover der Jugendzeitschrift Bravo von 1997
Legende: Instagram der 90er-Jahre: Alleine im Jahr 1997 war Blümchen fünf Mal auf dem Cover der Bravo abgebildet. Bravo (1997)

Es gelingt ihr, dass Blümchens Abschiedsrave nicht einfach eine peinliche Nostalgie-Nummer wird, sondern zur Hommage an eine Ära, in der Musik noch aus bunten CD-Hüllen kam und man beim Raven hemmungslos ungelenke Aerobic-Moves fabrizierte, ohne Angst, von Handykameras gefilmt zu werden. Blümchen war nicht nur ein Teenie-Star, sondern auch ein Lebensgefühl – laut, bunt und unbekümmert.

Wie weiter, ohne Blümchen?

Auch wenn Blümchen die Herzen immer noch zufliegen, sei für sie jetzt die Zeit gekommen, ihr Alter Ego definitiv ruhen zu lassen, sagt Wagner. «Ich habe das Gefühl, das Märchen ist zu Ende erzählt.» Was die berufliche Zukunft bringen werde, sei aktuell noch unklar.

Was bleibt von Blümchens letztem Rave? Muskelkater und der Eindruck, dass hier jemand den richtigen Zeitpunkt gewählt hat, das Glitzeroutfit an den Nagel zu hängen. Schliesslich soll man die Party dann verlassen, wenn's am schönsten ist.

Was in Anbetracht des Walliser Partypublikums ebenfalls bleibt, ist die Vermutung, dass Weisswein ab einer bestimmten Menge die gleiche Wirkung haben könnte wie Ecstasy.

Radio SRF 3, 17.8.2025, 15:15 Uhr

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