Leider Alltag, seit der Social-Media-Kampagne #MeToo aber wenigstens im Bewusstsein der meisten angekommen: Sexuelle Belästigung im täglichen Leben.
Ein aufdringlicher Spruch oder ein kurzer Füdligrabscher: Jeder und jede nimmt sexuelle Belästigung anders wahr. Trotzdem findet sie statt. Auch an Festivals. Unsere SRF-3-Superpassgewinnerinnen Mitch und Chris berichten, wie anstrengend ein Festival für eine Frau sein kann.
«Ich will dein Sklave sein»
Chris und Mitch gehen am Donnerstagabend über das Gelände vom Openair St. Gallen. Drei Jungs kommen auf sie zu. «Sie müssen etwa um die 22 Jahre alt gewesen sein und waren definitiv schon angetrunken», erzählt Chris. Einer der jungen Männer sucht das Gespräch. «Du kannst alles mit mir anstellen: Mich fesseln, mich schlagen, mich anspucken. Ich will dein Sklave sein», haucht er Chris zu.
Du kannst alles mit mir anstellen: Mich fesseln, mich schlagen, mich anspucken. Ich will dein Sklave sein.
Sie reagiert ablehnend, sagt ihm, dass sie keinen Sklaven braucht. «Er hat meine Einwände komplett ignoriert und meinte dann, ich könne auch Mitch dabeihaben, falls es mir dann wohler sei.» Der junge Mann lässt nicht locker, bis der Geduldsfaden der Superpassgewinnerinnen reisst und sie die Jungs einfach stehenlassen.
«Hey, ich sehe deinen BH»
Nicht mal zwei Stunden nach dieser irritierenden Begegnung kommt es zum nächsten Zwischenfall. «Mein BH war unter meinem Shirt ein wenig zu sehen», erklärt Mitch. Ein Mann spricht sie beim Vorbeilaufen an. Belässt es aber nicht nur dabei: Er fasst ihr an die Brüste. «Er ist dann einfach weiterspaziert, als wäre nichts passiert.»
Die beiden Situationen sind keine Einzelfälle. Sie passieren den zwei jungen Frauen ständig.
«G.A.B.I: Geh einfach weg»
Mitch und Chris wollen aber nicht alle Männer in einen Topf schmeissen. «Mehrheitlich sind Männer sehr lustig und vor allem respektvoll», findet Chris. Sie hätten schliesslich gerne Kontakt mit Menschen, speziell an einem Festival. Für den Fall, dass jemand zu aufdringlich wird, empfiehlt Mitch eine abgekürzte Version von G.A.B.I: «Geh einfach weg. Es lohnt sich nicht, sich mit jemandem, der wahrscheinlich auch noch sehr betrunken ist, in eine Diskussion einzulassen.»
Wie sieht es bei den anderen Festival-Besuchern aus betreffend #MeToo?
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Bild 1 von 7. Chaida (22) aus Trogen:. «Wenn mich einer angrabscht, werde ich manchmal schon ein bisschen aggro. Ich sag ihm dann, dass er abzischen soll und falls das nicht klappt, kann es schon passieren, dass ich mich körperlich wehre.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 2 von 7. Kevin (24) aus Urnäsch:. «Es ist noch schwierig abzuschätzen, wann eine Frau belästigt wird. Ich versuche anhand der Körperhaltung und Mimik abzulesen, ob es ihr unangenehm ist oder nicht und schreite im Notfall ein.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 3 von 7. Nadine (23) aus Bülach:. «Ich arbeite hier an einer Bar. Da ist es der Klassiker, dass jemand mal zum Bier meine Nummer mitbestellen will. Ich versuche das zu ignorieren und kann da eigentlich nur darüber lachen.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 4 von 7. Nadine (18) aus Wittenbach:. «Hier am Festival ist jetzt die "übliche" Belästigung wie Grabschen oder Berühren nicht mehr als sonst im Ausgang in St. Gallen. Ich reagiere grundsätzlich nicht speziell darauf.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 5 von 7. Lorena (23) aus Bülach (links):. «Ob jetzt da "Leck mich doch" auf meinem Bein steht, kommt auch nicht drauf an. Ein Mann würde mich jetzt mit oder ohne Tattoo belästigen.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 6 von 7. Isabelle (40) aus St. Gallen:. «Ich bin froh, wenn ich in Menschenmengen nicht alleine unterwegs bin. Wenn es mir unangenehm wird, distanziere ich mich einfach von der Situation und gehe weg.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
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Bild 7 von 7. Timo (19) aus Speichen:. «Ich hätte keine spezifische Methode, wie ich auf eine Frau zugehen würde. Wichtig ist einfach, dass man merkt, dass sie keinen Bock hat. Wenn nicht, einfach nicht forcieren. Dann geht man halt wieder weg.». Bildquelle: SRF / Noëlle Guidon.
Aber: Sind nur Frauen Opfer sexueller Belästigung? Mitnichten. Auf dem Gelände treffen wir den 30jährigen Leeroy. Er wurde vor einigen Jahren in einem Club belästigt. «Der Typ sass neben mir und hat diesen intensiven, aber unangenehmen Augenkontakt mit mir gesucht», erzählt er. Daraufhin habe er den Platz gewechselt. Ohne Erfolg. Der Mann sass kurze Zeit darauf wieder neben ihm und begann, den Oberschenkel von Leeroy anzufassen. «Ich hab ihm dann gesagt, dass er verschwinden soll. Dann ist er weg.»
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