Stellen wir gleich zu Beginn fest: Clowns sind unheimlich. So unheimlich, dass die Google-Suche « Why are clowns scary? » nicht einen, sondern dutzende von Artikeln zum Thema ausspuckt. So unheimlich, dass es mit der Webseite I Hate Clowns ein offizielles Forum für Clown-Hasser in aller Welt gibt (sein Slogan: «You are not alone. We are the official anti-clown website since 1996»). So unheimlich, dass sogar ein Begriff für die krankhafte Angst vor Clowns existiert: Coulrophobie .
Und hier gestehe ich: Ja, auch ich leide unter dieser schlimmen Furcht. Mein Coulrophobie ist zwar nur milde ausgeprägt, aber doch stark genug, dass ich um Clowns in der Regel einen grossen Bogen mache. Oder zumindest versuche, ihnen nicht direkt in die Augen zu schauen. Denn die Augen eines Clowns sind ein Portal, das direkt in den siebten Kreis der Hölle führt. Das ist Allgemeinwissen.
Dropsy der Brandstifter?
Schlechte Voraussetzungen also für ein Game wie « Dropsy ». Denn darin spielen wir einen Clown. Oder besser: einen Clown gewordenen Albtraum. Dropsys Kopf ist kahl, unförmig und weiss geschminkt. Seine knallroten Lippen umrahmen einen grossen Mund, in dem nur mehr drei gelbe Zahnstummel stecken (zwei oben, einer unten). Sein fülliger Körper schwabbelt und streckt sich, als wäre Dropsy nur mit Gelatine gefüllt.
Entsprechend feindselig reagieren die Menschen in Dropsys Welt auch auf den Clown. Nicht nur seiner furchterregenden Erscheinung wegen. Dropsy erinnert sie auch an ein schlimmes Unglück. An das tragische Feuer im Zirkus von Dropsys Familie, das viele Menschenleben forderte. Und an dem die Überlebenden dem Clown die Schuld geben.
Doch Dropsy lässt sich nicht unterkriegen. Er macht sich auf, die Herzen der Leute zurückzugewinnen und die wahren Umstände der Tragödie aufzudecken. Und er tut es mit dem einzigen Mittel, das er kennt: Mit Umarmungen. Mit vielen, vielen Umarmungen. Dropsy umarmt Leute, Tiere und ab und zu auch einen Baum.
Eine voluminöse Clownshose
«Dropsy» ist ein Spiel aus dem Hause Devolver Digital . Das Studio hat mit Titeln wie Hotline Miami , OlliOlli oder Luftrausers schon mehrfach gezeigt, dass ihm keine Spielidee zu absurd und keine Szenerie zu abwegig ist. Ihr neuster Streich sei ein «Hugventure», sagen sie – ein «Umarmungs-Abenteuer».
Gespielt wird «Dropsy» aber als klassisches Point-and-Click -Adventure. Wir bewegen unsere Figur durch ihre Welt und interagieren mit Gegenständen und Personen, indem wir sie anklicken. Per Mausklick können wir auch bestimmte Dinge in unser Inventar aufnehmen, um sie später einzusetzen. Dropsy steckt sich das entsprechende Objekt dazu einfach in seine voluminöse Clownshose. Uärgh.
Alle wollen etwas von uns
Auch Umarmungen leiten wir durch einen Mausklick ein, genau so wie Gespräche. Wobei «Gespräch» hier in Anführungszeichen stehen muss, denn in Dropsys Welt wird nicht mit Worten kommuniziert. Dialoge sehen wir stattdessen als Piktogramme in Sprechblasen, die wir im Verlauf des Games besser zu entziffern lernen.
Die Bilder geben uns Hinweise, was Dropsy zum Lösen der verschiedenen Rätsel im Game braucht. Also etwa: Wem er was bringen muss, um im Gegenzug etwas anderes zu bekommen. Meistens ist so ein Rätsel in ein zwei Schritten gelöst. Manchmal dauert es aber auch länger.
Denn nicht immer sind die Anweisungen in den Sprechblasen so deutlich, dass wir sie gleich begreifen. Und oft kann ein Rätsel erst gelöst werden, wenn wir zuvor eine andere Aufgabe erledigt haben. Gerade zu Beginn des Spiels sind wir darum schnell überfordert, wenn immer neue Figuren mit immer neuen Wünschen auf uns zukommen und wir keine Ahnung haben, wo wir anfangen sollen.
Dropsy wärmt auch das coulrophobste Herz
Kommt dazu, dass Dropsys Welt nicht eben klein ist und die Möglichkeit, schnell von einem Ort zum anderen zu reisen, erst im Verlauf des Spiels dazukommt. So klicken wir uns bei manchen Aufgaben schier endlos von Bildschirm zu Bildschirm, von Szene zu Szene. Immer auf der Suche nach einer Figur oder einem Gegenstand, der uns helfen soll, Dropsys Unschuld zu beweisen. Nur um am Ende ernüchtert festzustellen, dass das Gesuchte nicht da ist, wo wir es vermutet haben. Oder zu dem Zeitpunkt nicht da ist, an dem wir es dort suchen.
Denn im Gegensatz zu konventionellen Point-and-Click-Abenteuern gibt es in «Dropsy» eine Tag- und Nachtzyklus, der das Spielgeschehen bestimmt. Einige Figuren treffen wir zum Beispiel nur tagsüber an bestimmten Orten.
Immerhin hat Dropsy dann die Möglichkeit, sich Schlafen zu legen und die Zeit schneller verstreichen zu lassen. Doch durch «Dropsys» Landschaften zu wandern kann auch viel Spass machen. Denn seine Welt gleicht einem bonbonfarbenen Drogentraum und ist gefüllt mit herrlich schrulligen Figuren und Tieren.
Und während wir mit unserem Clown durch Wälder, Städte und allerlei Horrorszenarien wandeln, beginnt sich hoffentlich auch das coulrophobste Herz für den freundlichen Clown zu erwärmen. Denn was soll schlimm daran sein, den Menschen Freunde bereiten zu wollen? Schluss also mit dem Zynismus und her mit der Liebe für alle Clowns. Selbst wenn sie allesamt ganz schrecklich unheimlich aussehen.
«Dropsy» gibt es für Windows PC, Mac und Linux. Das Game kann über die Steam-Plattform heruntergeladen werden.