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Portrait von Binan Woll und Mischa Geiser
Legende: Binan Woll (links) und Mischa Geiser von Koboldgames. Guido Berger/SRF

Games Der Kakerlake humpeln beibringen

«Journey of a Roach» ist eines der Spiele, die den Förderpreis von Pro Helvetia, SUISA und dem Neuchâtel International Fantastic Film Festival erhalten. Binan Woll und Mischa Geiser von Koboldgames erklären, wie ihr Spiel entsteht und warum Game-Designer auch mal vorhumpeln müssen.

Mit der «Swiss Game Selection 2013» zeichnen die Kulturförderer von Pro Helvetia und der SUISA in Zusammenarbeit mit dem Neuchâtel International Fantastic Film Festival junge Schweizer Game Designer aus. Von 43 eingereichten Projekten wurden sieben von einer Jury ausgewählt und mit einem Preisgeld von total 150'000 Franken gefördert.

Das Studio Koboldgames ist mit ihrem Spiel «Journey of a Roach» unter den Gewinnern. Grafikerin Binan Woll und Programmierer Mischa Geiser (zwei der fünf Kobolde) kennen sich seit ihrem Studium an der Zürcher Hochschule der Künste. Und dort, in der Game-Design-Ausbildung, entstand auch das Projekt mit der Kakerlake.

Es sei eine Aufgabe im Studium gewesen, ein Spiel in einem Kaufhaus zu gestalten, erinnern sich die beiden. Daraus sei dann bei einem Bier die Idee entstanden, das Kaufhaus in einen unterirdischen Bunker zu verlegen, wohin sich die Menschheit nach einem Atomkrieg geflüchtet hat. Und als Hauptfiguren nicht Menschen zu wählen, sondern Kakerlaken.

Diskutieren, zeichnen, animieren, programmieren

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Ideen für neue Spielelemente entstehen im Team, oft in wilden Brainstorming-Sitzungen, die später jemand zu ordnen versucht.

Binan Woll zeichnet Figuren oder kleine Filmsequenzen, die den Spielern etwas erklären und Abschnitte der Geschichte erzählen. Zunächst als Entwurf auf Papier, dann als Reinzeichnung am Computer.

Ebenfalls am Rechner entstehen die Bewegungen der Kakerlaken. Wie ein Marionettenspieler muss jede mögliche Bewegung der Spielfigur animiert werden: Die Kakerlake steht, geht, schwimmt, greift etwas oder humpelt. Dabei zwingt Binan Woll auch mal ihre Kollegen von Koboldgames, vor ihr herum zu humpeln, um die Bewegung studieren und in einer spezialisierten Software auf das Modell der Kakerlake übertragen zu können.

Zwei Comic-Kakerlaken kriechen eine Wand hoch.
Legende: Die Kakerlaken von «Journey of a Roach» Koboldgames

Dass die Kakerlake dann im richtigen Moment steht, humpelt oder greift, ist die Aufgabe von Mischa Geiser. Er programmiert die Engine «Unity»: Eine Software, die mit einer spezialisierten Sprache dazu gebracht wird, die Welt von «Journey of a Roach» darzustellen und auf alles zu reagieren, was Spieler tun. Also im richtigen Moment die Kakerlake humpeln statt rennen lassen oder ein kurzes Filmchen abspielen.

Der Preis: Bestätigung und Investition

Swiss Game Selection: Gewinner

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  • «Antyz» (iOS/Android/), DNA Studios
  • «Don't Kill Her» (Browser), Jérémy Wuthrer Cuany
  • «Drei» (iOS/Browser), Etter Studio
  • «Journey of a Roach» (Mac/PC), Koboldgames
  • «Mirage» (Mac/PC/iPad), Mario von Rickenbach, Andi Bissig
  • «Ned & Ted» (Mac/PC), Simon Kovatsch, Marc Gruber
  • «Unmem» (iOS), Karian Foehr

Den Preis der Schweizer Game-Förderung sehen Woll und Geiser in erster Linie als Bestätigung: Es sei schön, so lange an einem Projekt zu arbeiten und dann zu erfahren, dass es auch Leuten ausserhalb von Koboldgames gefalle.

Doch auch das Preisgeld selbst ist willkommen: Statt verputzt wird es reinvestiert. Man hat beispielsweise einen Musiker angeheuert, der sich um den Soundtrack von «Journey of a Roach» kümmert.

Aussergewöhnlicher Vertriebsvertrag

Schon vor der Auszeichnung der «Swiss Game Selection 2013» gelang Koboldgames ein wichtiger Schritt: Sie konnten sich den Vertrieb ihres Spiels durch Daedalic sichern. Daedalic ist im deutschsprachigen Raum ein bekanntes Studio, das mit Adventure-Spielen erfolgreich ist. Und dass ein kleines, noch junges Schweizer Game-Studio mit einem so grossen Namen einen Vertriebsvertrag abschliessen kann, ist aussergewöhnlich. Schon im Studium an der ZHdK habe man Daedalic besucht, und aus diesem Kontakt ergab sich die Zusammenarbeit.

So spielt der Game-Design-Lehrgang an der Zürcher Hochschule der Künste hier eine Doppelrolle: Einerseits ermöglicht die Schule Kontakte, die Bildung einer Szene von Leuten, die sich kennen und zusammenarbeiten können. Ausserdem meinen Woll und Geiser, von der generalistisch ausgelegten Ausbildung insofern zu profitieren, dass sie gegenseitig die Fachgebiete ihrer Kollegen besser verstehen. Weil auch Grafiker einmal programmiert haben, könne man besser einschätzen, welche Idee einfach oder schwierig umzusetzen sei.

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