Es gibt Games, da schaut man hochkonzentriert auf den Bildschirm, darf den Blick keine Sekunde vom Geschehen abwenden. Denn wer wegschaut, verliert. Dann gibt es Games, bei denen gerät man – grossspurig gesprochen – ins Philosophieren. «Starseed Pilgrim» ist so ein Spiel, das machen schon die Ambient-Klänge des Soundtracks klar.
Drei Körner überm Kopf
Am Anfang ist da viel weisse Fläche. In der Mitte eine braune Fläche, die wie ein Stück Erde aussieht. Darauf ein kleines schwarzes Männchen – der Starseed Pilgrim. Über seinem Kopf schweben drei kleine Punkte in verschiedenen Farben.
Die Punkte sind Samenkörner, die du dort pflanzen kannst, wo du stehst. Je nach Farbe des Samens wächst darus etwas anderes. Rosarote Körner zum Beispiel pflanzen langsam wachsende Blöcke, aus denen neue Samenkörner geerntet werden können. Dagegen schiessen aus grünen Körnern Blöcke, die unberechenbar ins Weiss hinaus wachsen.
Aus braunen Körnern wächst zwar nur ein Block, der dich aber weit in die Höhe springen lässt. Wann welches Korn an der Reihe ist bestimmt das Spiel. Immerhin: Die drei Körner über dem Kopf des Pilgrims zeigen dir die nächsten drei Farben und machen ein wenig Vorausplanung möglich.
Schwarze Fäulnis
Vorausplanen – aber was eigentlich? Das Spiel gibt keine Anweisungen, auch kein Ziel wird vorgegeben. Du weisst erst nicht einmal, ob es irgendwo in der grossen weissen Weite ein Ziel gibt, das mithilfe der Samenkörner und ihrer Triebe erreicht werden kann.
Nur eines ist klar: Wenn du zu lange am selben Ort bleibst, holt dich die schwarze Fäulnis ein, die sich von der Mitte des Spielfeldes ausbreitet. Und wenn sie dich erwischt, wird alles Schwarz …
Freude am Entdecken
«Starseed Pilgrim», das sollte jetzt klar sein, ist kein gewöhnliches Spiel. Es gibt sich keine Mühe, seine Spieler mit viel Brimborium vom Eigentlichen abzulenken, vom Spiel selbst. Die Grafik ist minimal gehalten, aber nicht langweilig, der Soundtrack im besten Sinne beruhigend.
«Starseed Pilgrim» ist damit eine Art Antithese zum Big-Budget-Shooter: Ein Spiel, das dich nicht überwältigen will und sich kaum Mühe macht, seine Spielmechanik zu verstecken. Im Gegenteil: Die besten Momente sind hier nicht die, in denen du ganz vergisst, dass das alles nur ein Spiel ist. Die besten Momente sind die, wenn du etwas Neues über das Spiel und seine Mechanik lernst.
Für den 21-jährigen Game-Designer Alexander Martin aka Droqen ist darum die Freude am Entdecken das eigentliche Thema des Spiels. Das macht es schwierig, über «Starseed Pilgrim» zu schreiben, ohne dabei zu viel zu verraten und zu viel von den Überraschungen kaputt zu machen, die es bereithält.
Spiel des Lebens
Stattdessen ein wenig pseudphilosophisches Geschwurbel: Ist «Starseed Pilgrim» nicht eine grossartige Parabel aufs Leben? Dort müssen wir ja auch erst herausfinden, um was es eigentlich geht. Was das Ziel ist – und ob es überhaupt ein Ziel gibt.
Und auch im Leben können wir nicht einfach handeln, wie wir wollen. Klar können wir viel selbst entscheiden – aber viel ist auch vorgegeben, wie die Reihenfolge der Samenkörner über dem Kopf des Pilgrims.
Bloss nicht stehen bleiben
So sind die Handlungen und Pläne wie der Samen in der Erde von «Starseed Pilgrim»: Du pflanzt sie mit Blick auf die Zukunft, auf deinen weiteren Weg – aber wie sie sich entwickeln, in welche Richtung sie ausschlagen, weisst du nie.
Aber selbst wenn du am Ende nicht dort landest, wo du eigentlich hin wolltest: Hauptsache, die weisse Fläche füllt sich mit vielen schönen Farben. Denn eines ist sicher: Stehen bleiben und dich nicht weiter wagen ist das schlechteste, was du tun kannst.
«Starseed Pilgrim» gibt es für PC und kann über die Steam-Plattform heruntergeladen werden.