«Fifa» is life.
Seit 1993 gibt es die Fussball-Game-Serie – für viele schon so lange sie sich erinnern können. Gerade in Europa ist «Fifa» ein Synonym für «Playstation» oder für «Spielen» überhaupt. «Fifa and chill» ist die wichtigste Freizeitbeschäftigung von Millionen.
So ist denn eine neue Ausgabe des Klassikers spannend und langweilig zugleich. Letzteres, weil halt jedes Jahr eine erscheint. Und ersteres, weil Millionen von treuen Fans gespannt sind, was sie dieses Jahr neu lernen müssen.
Neu: Ball abschirmen
Dieses Jahr müssen wir vielleicht einen alten Zopf abschneiden: Das Klischee, dass die Fifa-Ausgaben mit geraden Nummern immer langsam sind, die mit ungeraden dagegen schnell. «Fifa 16» war tatsächlich langsam; «Fifa 17» ist aber nicht wesentlich schneller.
Das hat vor allem damit zu tun, dass Zweikämpfe nun körperbetonter sind. Dafür gibt es gar eine neue Funktion: Mit der L2-Taste kann ein Spieler den Ball abschirmen und einen Verteidiger mit dem Rücken wegdrücken. Es ist so möglich, den Ball viel länger in den eigenen Reihen zu halten, gerade im gegnerischen Strafraum – doch natürlich bremst das den Spielfluss.
Neu: The Journey
Die vielleicht grösste Neuerung ist aber der Story-Modus, genannt «The Journey». Wir spielen dort den Aufstieg von Alex Hunter nach, die Anfänge seiner Profikarriere. Dabei trainieren wir, lernen Tacklings, Weitschüsse, Dribbeln oder Standard-Situationen. Und spielen dann mit der Mannschaft von Alex, wie wir das auch in den anderen Modi tun würden. Oder wir steuern nicht wie sonst immer den Fussballer, der gerade dem Ball am nächsten ist, sondern steuern ausschliesslich Alex.
Das kann durchaus zäh sein. Ich habe Alex als offensiven Mittelfeldspieler gespielt. Und da hat man halt auch einmal in einem 0:0-Spiel drei Ballberührungen, vergeigt zwei Tacklings und rennt sonst nur im Mittelfeld herum und sucht seine Position. Das muss man sich nicht antun, da man wie in den anderen Spielmodi auch hier das ganze Team steuern kann. Mir hat der Modus aber sehr gut gefallen, weil ich mich noch mehr in die Figur von Alex versetzen konnte.
Zwischen Training und Spielen gibt es immer wieder mal kleine Zwischensequenzen, in denen Alex sich mit Jugendfreund, Grossvater oder Trainer unterhält oder ein Interview nach dem Spiel gibt.
Indem wir Antworten und manchmal auch Trainings-Einheiten auswählen können, arbeiten wir an den Eigenschaften von Alex. Schusstechnik, Dribbling oder Ausdauer verbessern? In Interviews oder der Kabine eher den feurigen Typen markieren, um auf Social Media und bei den Sponsoren zu punkten? Oder immer schön Trainer und Mannschaft loben, um die Chance zu erhöhen, aufgestellt zu werden?
Überraschend packend
Auf die Geschichte haben diese Entscheidungen dann allerdings nur minimalen Einfluss: Die verläuft ziemlich genau so, wie man es erwarten würde. Ein abwesender Vater, ein Jugendfreund, der zum Rivalen wird, der Schatten des erfolgreichen Grossvaters, doch natürlich überwindet Alex diese Hürden.
Das hat man alles schon in elftausend Sportfilmen gesehen (und dort dann ohne arg hölzerne Animationen und Zombie-Gesichter). Überraschenderweise hat mich die Geschichte aber trotzdem gepackt. Ich habe den netten jungen Mann Alex ins Herz geschlossen. Die Stimmen sind nämlich gut, die Zwischensequenzen angenehm kurz und auf den Punkt, in den Details hält die Handlung durchaus kleine Überraschungen bereit. Und der Kern der Geschichte – ein junger Mann macht seinen Traum wahr – ist einfach befriedigend, egal wie oft man die schon gehört hat.
Ultimate Team
Achtung, Spoiler: Hat man die Geschichte zu Ende durchgespielt, erhält man Alex Hunter als Spieler, den man dann in seinem Ultimate Team einsetzen kann. Die Entscheidungen und Trainings, die man im Verlauf der Geschichte wählt, haben also auf letztere keinen grossen Einfluss, aber auf den Wert von Alex nach Abschluss der «Journey» durchaus – eine grossartige Idee.
«FUT» oder «Fifa Ultimate Team» ist wohl der Modus, in dem die Fans am meisten Zeit verbringen. Dort steuern wir nicht eine reale Mannschaft, sondern ein eigenes Team – ich habe meines «Robenhausen FC» getauft.
Die Spieler dieses Teams stellen wir zusammen aus Karten. Wie bei einem Sammelkarten-Spiel erhalten wir ein Päckchen mit zufälligen Spieler-Karten – gefallen sie uns, bauen wir sie ins Team ein, wenn nicht, verkaufen wir sie. Weitere Karten können Verträge mit Spielern verlängern oder ihre Eigenschaften verbessern.
Diese Karten-Päckchen erhält man im Spiel – oder kauft sie. Damit verdient Hersteller Electronic Arts seit Jahren hunderte von Millionen. Auf hohem Niveau in Online-Matches braucht man starke und seltene Spieler in seinem Team – weil man die per Karten-Kauf schneller erhält, fühlt sich das sehr nach «Pay to win» an.
Auf meinem tiefen Niveau ohne Online-Ambitionen macht der Modus aber sehr viel Spass – es ist spannend, die zusammengewürfelten Söldner zu einem Team zu formen. Als hätte man einen betrunkenen Präsidenten mit wenig Geld, der wild billige Spieler zusammenkauft – und wir dürfen dann austüfteln, wie jeder auf seiner besten Position spielen kann und ausserdem die Chemie im Team stimmt.
Ein Fauxpas und ein Drama
Nach einer längeren Fifa-Absenz hatte ich also sehr viel Spass mit dem Game. Kritisieren kann ich nur etwas: Der Soundtrack ist wie gewohnt hervorragend – doch es wird im Gegensatz zu früher nie angezeigt, welcher Song gerade läuft. Fauxpas!
P.S.:
Als ich die Schweizer Klubs durchsah, begriff ich erst die wahre Tragweite des Abstiegs meines FCZ: Weil nur die Super League lizenziert ist, die Challenge League aber nicht, ist der FCZ nun aus «Fifa 17» verschwunden.
Neiiiiiiiin! 1/10 .
«Fifa 17» ist für Playstation 3 & 4, für Xbox 360 & One und Windows PC.