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Games Nintendos Schicksals-Konsole

Mit der Wii U will Nintendo zur Konkurrenz von Playstation und Xbox aufschliessen. Darum hat die neue Konsole HD, ein soziales Netzwerk und einen neuartigen Controller: den GamePad.

Auf den ersten Blick sieht der GamePad aus wie ein Tablet-Computer: klein, schwarz glänzend, mit Touchscreen in der Mitte. Doch links und rechts gibt es Knöpfe und Hebel, die seinen wahren Zweck erraten lassen: Der GamePad ist das wichtigste Kontrollgerät für Nintendos neue Wii-U-Konsole.

Nintendo springt nicht einfach auf den Tablet-Zug mit auf: Der GamePad mag zwar aussehen wie ein Plastik-iPad, aber er ist viel eher der grosse Bruder von Nintendos DS – eine Spielkonsole, zum In-der-Hand-halten.

Der GamePad-Bildschirm ist deshalb nicht per ein zusätzliches Anzeigegerät (Stichwort «Second Screen»): Auf dem GamePad lassen sich ganze Wii-U-Spiele durchspielen, ohne dass dazu überhaupt ein Fernseher (der «First Screen») nötig wäre.

Es hat sich ausgefuchtelt

Während Nintendo mit dem GamePad also einerseits den Weg weitergeht, der mit dem DS eingeschlagen wurde, verfolgen sie einen anderen Pfad nicht weiter: den der Gestensteuerung.

War bei der Wii-U-Vorgängerin Nintendo Wii das grösste Verkaufsargument, dass man nun den virtuellen Tennisschläger steuern kann wie einen echten – mit dem Schwingen des ganzen Armes nämlich – so verabschiedet sich die Wii U leise vom wilden Gefuchtel vor dem Bildschirm.

HD und Miiverse

Auch der GamePad taugt zwar zur Gestensteuerung. Aber viel wichtiger ist hier der zweite Bildschirm, der den Game-Designern Inspiration sein soll für neue Spiel-Ideen.

Der GamePad ist nicht das einzig Neue: Die Wii U bringt ihre Welten in HD auf den Bildschirm. Nintendo hat also endlich zur Konkurrenz von Sonys Playstation und Microsofts Xbox aufgeholt. Auch in Sachen Online-Erlebnis: Zusammen mit der Wii U startet das Miiverse, ein soziales Netzwerk für Gamer, schön gestaltet in knuddeliger Nintendo-Art.

Die Schattenseiten

Es gibt auch weniger Schönes: schmuddelige Geräteoberflächen, bizarre Tastenbelegung, wenig Speicher. In unserem pingeligen Wii-U-Test (Video unten) legen wir den Finger auf die Schwachpunkte.

Den wichtigsten davon herausgegriffen: Die Batterie des GamePad langt höchsten für 4 Stunden (Nintendo selbst spricht von 5 Stunden Batteriebetrieb). Danach muss das Gerät zum Aufladen an die Steckdose gehängt werden. So lässt sich zwar auch weiterspielen, doch gerade bei Spielen, welche das GamePad auch zur Gesten-Steuerung brauchen, schränkt das Stromkabel die Bewegungsfreiheit ein.

Einfach ein Tablet?

 Entscheidend für den Erfolg der Wii U wird sein, ob das Publikum den Unterschied zu einem Tablet erkennen und schätzen wird. Denn das Gamepad sieht zwar aus wie eine Tablet, ist aber keins: Aus Gamer-Sicht kann es mehr, weil es mehr Knöpfe hat. Nicht-Gamer hingegen könnten an einem richtigen Tablet schätzen, dass es neben Spielen eben auch für anderes verwendet werden kann.

Zu teuer?

Dazu kommt, dass Spiele für Tablets in der Regel bloss einige Franken kosten, während die Spiele für die Wii U rund 80 Franken teuer sind. Und auch die Konsole ist nicht billig, je nach Modell über oder unter 400 Franken.

Das ist für Nintendo eine neue Position: Weil die anderen Konsolen – Xbox und Playstation – am Ende ihres Lebenszyklus' angelangt sind, die Wii U dagegen neu ist, ist sie plötzlich die teuerste der drei. Das war in den letzten Jahren im wichtigen Weihnachtsgeschäft immer exakt umgekehrt. Die Wii hat deswegen auch ein Publikum angesprochen, das nicht immer das neuste, stärkste haben muss – und diese Zielpublikum könnte sich nun vom hohen Preis abschrecken lassen.

Was tut die Konkurrenz?

Dazu hängt ein Damokles-Schwert über Nintendo: Mit der Wii U eröffnen sie  eine neue Konsolen-Generation, allerdings mit einem Gerät, das unter der Haube noch Technologie von heute, nicht von morgen verbaut hat. Es wäre überraschend, wenn Microsoft im Sommer keine neue Xbox vorstellt. Und mit den neuen Surface-Tablets und den Windows Phones könnte sie durchaus ähnliche Bedienkonzepte vorstellen wie die Wii U. Nintendo hat also im schlechtesten Fall weniger als ein Jahr Vorsprung – das ist eine sehr kurze Zeit, um sich eine überzeugende Spiele-Bibliothek anzulegen.

Gretchenfrage Online

Und schliesslich bleibt das Verhältnis zu «Online» ein frostiges. Die Wii U hat zu wenig Speicher, um eine grosse Spielesammlung zu beherbergen; und Nintendo betont immer wieder, dass Retail, also der Verkauf in Läden, zentral bleibe.

Das Problem: Heute ist diese Strategie sicher richtig, weil Nintendo ein Publikum anspricht, das noch lieber in Läden geht. Doch eine Konsole hält fünf Jahre. Das ist eine lange Zeit, in der sich der Markt weiterhin schwungvoll in Richtung Online-Distribution verschieben wird.

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