Mitte des 19. Jahrhunderts machte der britische Lehrbuchautor William Edward Hickson folgenden Sinnspruch populär:
'Tis a lesson you should heed: Try, try, try again. If at first you don't succeed, try, try, try again.
Hickson hat das – ohne Zweifel! – nach einer Partie «Teleglitch – Die More Edition» geschrieben. Denn das Scheitern steht bei diesem Game im Mittelpunkt. So sehr, dass wir uns über kurz oder lang die Frage stellen, warum wir uns so etwas überhaupt antun.
Monster und Zombies und physikalische Anomalien
«Teleglitch» war schon im Original, das Anfang 2013 erschien, ein sehr schweres Spiel. Die «Die More Edition» tut ihrem Namen Ehre und wartet unter anderem mit einer verbesserten künstlichen Intelligenz der Spielgegner auf, die uns nun noch aggressiver und unberechenbarer verfolgen und töten.
Die Ausgangslage des Spiels bleibt dieselbe: Wir befinden uns in einer unterirdischen Militärstation auf einem gottverlassenen Planeten, irgendwo im Weltall. Ein Experiment ist schief gelaufen und nun ist alles voller Gefahren und physikalischen Anomalien – womit gleich auch die Glitch-Bildstörungen elegant begründet sind, die zum Reiz der 8-Bit-Grafik dieses Games beitragen.
Als einziger Überlebender der Katastrophe kennen wir Level für Level nur ein Ziel: Einen Teleporter finden, der uns zum nächsten Abschnitt und irgendwann auch nach Hause transportiert.
Es hat nie genug
Klingt einfach, ist aber unglaublich schwierig: Denn zwischen uns und den Teleporter hat «Teleglitch» nicht nur labyrinthartige Gänge und immer mal wieder eine Fläche unter freiem Himmel gestellt, sondern auch unzählige Monster, Biester, Bestien, die nichts anderes wollen als unser Lebenslichtlein auszuknipsen.
Zum Glück finden wir in den Gängen noch andere Dinge: Waffen zum Beispiel, Munition, Medizin und Nahrung. Bloss sorgt das Game mit sadistischer Freude dafür, dass es von allem immer viel zu wenig hat. Aber «Teleglitch» hat nie behauptet, einfach zu spielen zu sein – am allerwenigsten die «Die More Edition».
Stunden bis zum 2. Level
Immerhin lässt uns das Game verschiedene Gegenstände kombinieren und so effektiver machen. Eine leere Konservendosen, Nägel und Sprengstoff zum Beispiel geben eine schicke Nagelbombe. Mit der können wir gleich mehrere Verfolger aufs Mal ausschalten (und, wenn zu langsam gerannt, auch uns selbst).
Und aus Mikrochips, Medizinpack und einem Detektor basteln wir uns sogar einen eigenen Teleporter. Der bringt uns zwar nicht zum nächsten Level, aber immerhin um einige Lebenspunkte geheilt zurück zum Anfang des aktuellen Abschnitts – eine Art Extraleben also. Allerdings: Davon habe ich nur im Teleglitch-Wiki gelesen, selbst bin ich auch nach mehreren Stunden Spielzeit nicht über den Level 2 hinausgekommen…
Auswendig lernen geht nicht
Denn die «Teleglitch – Die More Edition» spielt sich meist so: «Trapp trapp trapp, oh, eine leere Konservendose! Besser mal einsammeln, man weiss ja nie. Trapp trapp trapp, oh, ein Terminal mit spannenden Hintergrundinformationen zur Geschichte! Schnell mal lesen. Trapp trapp trapp – HILFE, Monster!!!» Und dann schiessen wir wild in alle Richtungen; sehen, dass uns langsam die Munition ausgeht; flüchten reflexartig in einen der vielen Gänge; merken, dass sich die Monster-Horde nicht so leicht abschütteln lässt; geraten in eine Sackgasse; sterben.
Und auswendig lernen geht nicht: Die Gänge und Felder aller Levels werden bei jedem Start nach Zufallsprinzip neu generiert. Sie gleichen sich zwar, sind ungefähr gleich gross und warten mit den gleichen Gegnern auf – aber wo die auf uns lauern ist ebenso wenig vorherzusehen wie die Verstecke der dringend benötigten Medizin und Munition.
Das viele Sterben nervt
Die atem- und auswegslose Fluchten durch klaustrophobische Gänge treiben unseren Adrenalinspiegel in die Höhe. Das viele Sterben nervt aber auch: Weil es den Spielfluss unterbricht und wir uns durchs Menu klicken müssen, um wieder neu zu beginnen.
Nerven kann auch die Grafik, die zwar schön anzuschauen, aber derart grobpixelig ist, dass wir die Ausrichtung unserer Spielfigur oft nur schwer erkennen – schaut sie nun nach vorne oder hinten? Links oder rechts? Keine triviale Information, vor allem wenn wir im Nahkampf von einer Monstermasse umzingelt sind.
Eine strenge Geliebte
Bleibtdie Frage: Warum sollen wir uns das antun? Die «Teleglitch – Die More Edition» ist eine strenge Geliebte, die sich keine Mühe gibt, uns bei Laune zu halten und unsere Erfolgskurve ist entsprechend flach. Aber: Wenn sich nach unzähligen Versuchen und eben so vielen Toden endlich die Pforte zum nächsten Level öffnen, ist das ein selten schönes Erfolgserlebnis.
Und danach bleibt der Wunsch, es mit noch mehr Anstrengung und noch schnelleren Reflexen doch noch einen Level weiter zu schaffen. Und dann noch einen. Und dann noch einen – auch wenn es Tage/Wochen/Jahre dauert.
«Teleglitch – Die More Edition» gibt es für PC und kann über die Steam-Plattform heruntergeladen werden. Das Game ist ab 7 Jahren freigegeben.