«Die Leute, die dieses Spiel gemacht haben, gibt es nicht mehr», sagt Game-Designer Rami Ismail in einem Kommentar mit dem schönen Titel « We made this game when we were angry ». Hintergrund dieser Aussage: Während Vlambeer an «Luftrausers» arbeitete, mussten sich die Game-Entwickler gleichzeitig mit einem fiesen Fall von Markenstreit herumschlagen. Noch bevor Vlambeer sein iOS-Game « Ridiculous Fishing » auf den Markt bringen konnte, hatte ein anderes Game-Studio schon eine Kopie mit dem Namen «Ninja Fishing» in den App-Store gestellt.
Vlambeer konnte rechtlich nicht gegen die Kopie vorgehen, entsprechend wütend und frustriert sei die Stimmung unter den Entwicklern gewesen. Und viel davon sei in die Entstehung von «Luftrausers» eingeflossen. Tatsächlich ist es ein aggressives Spiel geworden, ein wütendes: Ständig müssen wir etwas kaputt machen, auf Flugzeuge schiessen, auf Boote, U-Boote, Kriegsschiffe oder Zeppeline.
Aggro aber toll
Aber «Luftrausers» macht nicht wütend. Es gibt zwar Momente, in denen wir wütend den Aus-Knopf drücken – aber nur, um eine Sekunde später reumütig eine neue Runde zu starten, in der wir es hoffentlich besser machen. «Luftrausers» ist oft kein leichtes Spiel, aber nie ein frustrierendes, wie etwa « Flappy Bird ». Weil es uns die Chance lässt, besser zu werden, weil wir neue Taktiken ausprobieren können und so Hindernisse überwinden.
«Luftrausers» scheint auf den ersten Blick sehr simpel – nicht nur der sepiafarbenen Game-Boy-Grafik wegen. Die Steuerung ist schnell erklärt: Mit dem Analogstick oder dem Steuerkreuz steuern wir ein Flugzeug, das kaum mehr als ein Fleck auf dem Bildschirm ist, lenken es nach links oder rechts oder geben Schub. Mit der X-Taste schiessen wir. Das ist alles.
Und Schiessen müssen wir sehr viel. Nicht nur, weil der Bildschirm schon nach wenigen Sekunden voll ist mit gegnerischen Flugzeugen und Schiffen. Auch weil wir den Combo-Zähler oben halten wollen, der unsere Punkte maximiert und nur durch Nonstop-Vernichtung zum Maximum gebracht wird. Da ist sie wieder, die aggressive Grundstimmung von «Luftrausers».
Laser, Lenkraketen, Atombomben
Das mag eintönig klingen, aber das Game ist alles andere als eindimensional. Weil Schäden an unserem Flugzeug nur heilen, wenn wir eine Weile den Feuerknopf nicht drücken, muss zwischen Angriff und Rückzug ständig austariert werden.
Dabei gibt es nicht nur eine richtige Strategie. Unser Flugzeug besteht aus drei Komponenten: Waffe, Hülle und Antrieb. Je länger wir spielen, desto mehr Auswahlmöglichkeit beim Zusammenstellen haben wir. Neben der simplen, aber effektiven Flugzeugkanone des Anfangs stehen bald auch Laser, Lenkraketen oder eine Atombombe zur Auswahl, die im Augenblick unseres Todes explodiert.
30 Feinde töten und nonstop schiessen
Sind einmal alle möglichen Komponenten freigeschaltet, stehen 125 verschiedene Kombinationen zur Auswahl. Und jede dieser Kombinationen führt zu einem anderen Spielerlebnis. Eine Hülle etwa lässt Zusammenstösse unbeschadet überstehen. Das Flugzeug wird so zu einer Art tödlichem Rammbock, der seine Feinde eben so gut durch Kollision wie durch Kanonenschüsse zerstören kann.
Änderungen im Antrieb verändern dagegen die (exzellente) Spiel-Physik. Während der Standardantrieb zum Beispiel auf Richtungsänderungen schnell reagiert, machen Schwerkraft und Trägheitseffekt das Steuern doch gewöhnungsbedürftig. Einfacher macht es der «No Gravity»-Antrieb, bei dem allerdings die Beschleunigung zu Wünschen übrig lässt. Ein anderer Antrieb lässt uns ohne Schaden unter Wasser tauchen, was neue Taktiken im Kampf gegen Boote möglich macht.
Und für jede der Komponenten gilt es, andere Missionen zu erfüllen. 30 Feinde zu töten und dabei nonstop zu schiessen etwa. Oder zwei Kampfjets in einer Mission abzuschiessen, was in der Luft für spannende Kurvenkämpfe sorgt. Oder eines der schwer gepanzerten Schlachtschiffe zu zerstören, was am einfachsten mit einem Kamikaze-Angriff funktioniert, bei dem wir uns darauf verlassen, dass die beim tödlichen Aufprall explodierende Atombombe den Gegner versenkt.
Lieber schreien als reden
Bleibt die Frage: Was ist ein «Luftrauser»? Keine Ahnung, das Spiel erklärt es nicht. Und bleibt nicht nur beim Titel zurückhaltend in der Kommunikation: Wie genau der Combo-Zähler funktioniert, wann ein Zeppelin auftaucht – dessen Vernichtung für das Freischalten neuer Features zwingend ist – oder wie wir erkennen können, dass unser Flugzeug beschädigt ist, das alles verrät es uns nicht, wir finden es mit etwa Glück beim Spielen selber heraus.
Das kann frustrieren oder auch die Neugier des Spielers wecken – und ist vielleicht ein weiteres Zeichen dafür, dass die Stimmung bei der Entwicklung von «Luftrausers» bei Vlambeer geladen war: Wer wütend ist, will mit seinem Gegenüber ja nicht wirklich kommunizieren, sondern es lieber nur anschreien. Am besten mit Bomben, Raketen und Atombomben.
Aber: Bei Vlambeer sind wieder harmonischere Zeiten eingekehrt, die Wut auf die freche «Ridiculous Fishing»-Kopie ist verflogen. Die wütenden Leute, die «Luftrausers» gemacht haben, gibt es also tatsächlich nicht mehr. Doch wenn man sich das Game anschaut, muss man sagen: Zum Glück waren sie mal so wütend.
«Luftrausers» gibt es für PC, Playstation 3 und Playstation Vita. Das Game ist für alle Altersklassen freigegeben.