Es gibt wahrlich schlimmere Probleme als das, vor dem das finnische Game-Studio Red Lynx mit seiner Trials-Serie stand: Der letzte Teil der Serie – « Trials Evolution » von 2012 – war so gut, dass sich kaum mehr etwas daran verbessern lässt. Was also sollte der nächste Teil noch mehr bieten?
«Nicht viel» kann man sagen, wenn man sich «Trials Fusion» anschaut – und das ist gut so. Noch immer steuern wir einen Trial -Motorrad-Fahrer über zunehmend schwierigere Hindernisse – von einfachen Rampen und Jumps bis zu wahnwitzigen Parcours aus Ruinen, Loopings, sich bewegenden und im besten Fall sogar explodierenden Hindernissen.
Und noch immer versuchen wir, diese Strecken in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst wenigen Fehlern zu absolvieren. Wobei «wenig» bei jedem Spieler mit nur einem Quäntchen Ehrgeiz heisst: mit keinem einzigen. Bei manchen Strecken kommt der «Restart»-Knopf deshalb schon fast im Sekundentakt zum Einsatz.
Simple, präzise Steuerung
Waren wir im letzten Teil noch auf Schrottplätzen, in Sümpfen oder Güterbahnhöfen unterwegs, fahren wir diesmal grösstenteils durch futuristische Strecken, über denen uns auch einmal eine Drohne um den Kopf schwirrt. Sogar für einen versteckten Subplot war Platz, der erklärt, warum unser Fahrer auch die fürchterlichsten Crashes scheinbar ohne Schaden übersteht.
Gleich geblieben ist die simple Steuerung: Mit dem einen Stick geben wir mehr oder weniger Gas; mit dem anderen verlagern wir das Gewicht unseres Fahrers nach vorne oder hinten. Um Kurven müssen wir uns nicht kümmern, das Motorrad fährt wie auf unsichtbaren Schienen durch die Landschaft, immer geradeaus.
Die Spielphysik stimmt immer noch
Was nicht heisst, dass «Trials Fusion» ein einfaches Spiel wäre – im Gegenteil. Noch der kleinste Hopser fordert genaues Timing am Gashebel; ständig müssen wir Gewicht zwischen Vorder- und Hinterrad verlagern, um nicht nach vorne oder hinten zu kippen. Und je nach Hindernis (Wie hoch ist es? Wie steil ist die Anfahrt?) und Untergrund (Lockere Erde? Stahlplatten? Schnee?) sind andere Fahrtaktiken nötig.
Die Steuerung reagiert dabei so präzise wie immer. Wenn wir einen Fehler machen, können wir nur uns selbst die Schuld daran geben. Und die Spielphysik, die unsere Sprünge und Crashes modelliert, ist stimmig wie je – ein wesentlicher Reiz des Spiels.
Stunts bloss ein Gimmick
Doch es gibt auch Neuerungen: kleinere wie das Quad-Bike, auf dem wir nun bestimmte Strecken fahren können. Oder grössere wie die Freestyle-Motocross -Stunts, die wir im Verlauf des Spiels freischalten. Nur schade, dass hier die Steuerung weniger zuverlässig ist als von «Trials» gewohnt und die Tricks oft bloss durch zufälliges Bewegen des Steuerhebels ausgelöst werden.
Dazu kommt, dass die Strecken für solche Tricksequenzen aus wenig mehr bestehen als einer Abfolge grosser Jumps und nie den gleichen Nervenkitzel aufkommen lassen wie Parcours voll mit perfiden Hindernissen und hin und her schwingende Rampen. Immerhin: Die Stunts spielen keine zentrale Rolle im Game; sie bleiben ein Gimmick.
Insgesamt hat sich also wenig geändert. Wer «Trials» bisher heiss liebte, kann das auch weiterhin tun – selbst wenn «Fusion» nicht mehr ganz so frisch wirkt wie das der letzte Teil, «Evolution», noch tat. Was umgekehrt auch bedeutet: Wer «Trials» bisher nicht ausstehen konnte, weil er oder sie keinen Spass daran findet, immer und immer wieder dieselbe Strecke zu fahren – der wird auch an «Trials Fusion» wenig Freude haben.
«Trials Frontier»: Hüpfen auf dem Handy
Dafür vielleicht an «Trials Frontier», der ersten «Trials»-Version für mobile Geräte. (Vorerst gibt es sie nur für iPhones und iPads, bald auch für das Android-Betriebssystem.) Das Spielprinzip ist vergleichbar mit «Trials» auf der Konsole: Statt mit dem Steuerknüppel des Controllers geben wir jetzt mit grossen Pfeiltasten unten am Bildschirm Gas beziehungsweise lassen unseren Fahrer nach vorne oder hinten lehnen.
Das ist so gut umgesetzt wie auf einem Gerät wie dem iPhone möglich. Das Springen über Abgründe und Hindernisse macht auch auf dem kleinen Bildschirm des Smartphones erstaunlich viel Spass. Doch die Steuerung lässt die Präzision vermissen, die wir von der Konsole her gewohnt sind. Allerdings: Hier geht es auch gar nicht darum, einen Track perfekt zu meistern und sich um Millisekunden zu verbessern. Fahren ist in diesem Game oft nur Nebensache.
Story soll für Motivation sorgen
Die einzelnen Rennen sind eingebettet in die Geschichte einer Westernstadt, der wir als Helfer in der Not erscheinen. Wir lernen Figuren wie die Saloon-Besitzerin kennen, den Kartographen oder den Fanboy, die uns Aufgaben stellen und neue Rennmöglichkeiten auftun.
Die Geschichte mag überflüssig wirken, es die Spielemacher hatten gute Gründe, sie ins Game zu nehmen. Der erste: Weil uns ohne sie ein längerfristiger Anreiz fehlt, das Game zu spielen. Wegen der groben Steuerung haben wir wenig Lust, eine Strecke immer und immer wieder zu fahren; deshalb brauchen wir die Figuren der Westernstadt, die uns mit immer neuen Missionen bei der Stange halten.
Zahlen oder Warten
Der zweite Grund: «Trials Frontier» ist ein sogenanntes Free-to-Play-Game . Ein Spiel, das wir zwar gratis herunterladen können, in dem wir aber ständig versucht sind, Geld auszugeben. Bei «Trials Frontier» etwa, um die Wartezeit zu verkürzen, bis unser Motorrad reif ist für ein neues Upgrade. Oder um neue Benzinkanister zu kaufen – quasi die Währung im Game, weil uns der Start jedes neuen Rennens fünf solche Kanister kostet. (Nach einem Sturz das gleiche Rennen sofort neu zu starten ist zum Glück gratis).
Wie in jedem Free-to-Play-Game hängt das rasche Weiterkommen bald nur noch davon ab, ob wir bereit sind, etwas dafür locker zu machen. Wir können uns neue Benzinkanister (bzw. Diamanten, die sich in Kanister umwandeln lassen) zwar auch erspielen – doch bloss durch seelenloses «Grinding», das Durchfahren bereits gemeisterter Strecken ohne Spass, nur um an Bonuspunkte zu kommen.
Zwei Games, zwei Zielgruppen
Das alles steht quer zum eigentlichen Geist der «Trials»-Serie, wie wir sie bisher kannten. Dort geht es letztlich darum, dank ständiger Selbstverbesserung ans Ziel zu kommen. Alle Hürden, die sich uns stellen, können wir durch nimmermüdes Üben überwinden. Anders die Hürden bei «Trials Frontier»: Sie sind künstlich auferlegt und lassen sich nur durch Warten oder Zahlen umgehen.
«Trials Fusion» und «Trials Frontier» sprechen darum ein anderes Publikum an: Ersteres Konsolen-Gamer, die nach «Trials Evolution» nicht viel mehr wollen, als noch einmal das mehr oder weniger selbe Spiel mit neuen Strecken zu spielen. Letzteres die Casual-Gamer, die ein einfaches Game suchen, das sich im Bus zwischen zwei Haltestellen spielen lässt.
Und damit scheint «Trials Frontier» Erfolg zu haben: Das Game wurde in den ersten Tagen nach seinem Erscheinen über sechs Millionen Mal heruntergeladen und gehörte in Apples Appstore schnell zu den Top-10 der am meisten heruntergeladenen Spielen.
«Trials Fusion» gibt es für PC, Playstation 4, Xbox 360 und Xbox One. Das Game ist freigegeben ab 12 Jahren.