Der Kiosk ist der Ort, an dem wir früher unser hart erspartes Taschengeld für 20er Mocken und Coci-Fröschli ausgegeben haben. Der Ort, an dem wir in bunten Magazinen stöbern. Der Ort, an dem wir auf die Lottomillion hoffen und Last-Minute-Geschenke kaufen. Doch was bedeutet er für jene, die unsere Lieblingskioske am Leben erhalten?
Der Kiosk als Chance, Wurzeln zu schlagen
Der Kiosk in der Aarauer Altstadt gehört dem gebürtigen Iraner Hossein Jahanabadi. Der 64-jährige ehemalige Agrar-Ingenieur hat den Kiosk vor etwa 17 Jahren übernommen und kennt viele seiner Kundinnen und Kunden seit deren Kindheit.
Ich kenne viele Leute und sie kennen mich
Früher gaben sie bei ihm ihr Sackgeld für Süssigkeiten aus und viele von ihnen sind ihm bis heute treu. Jahanabadi selbst hat der Kiosk geholfen, in der Schweiz Wurzeln zu schlagen: «Dank dem Kiosk fühle ich mich hier nicht mehr fremd.» Obwohl ihnen der Kiosk manchmal auch schlaflose Nächte bereite, stecken er und seine Frau ihr ganzes Herzblut in das kleine Geschäft.
Der Kiosk als Treffpunkt
Annamaria Marjai (44 ) aus Ennetbürgen hat sich vor 15 Jahren den Kiosk «Posito» in Luzern gekauft. Er ist mit einer Bar ausgestattet, die Produktepalette reicht vom Lolli übers warme Sandwich bis zum Zahnbürstli.
Der Kiosk ist mein Baby
Sie will mit ihrem Kiosk vor allem einen Treffpunkt schaffen - einen Ort zum Verweilen in Zeiten der Hektik und Unverbindlichkeit. Hier sollen die Leute miteinander ins Gespräch kommen, sich austauschen. Dabei spielen sozialer Status und politische Gesinnung keine Rolle. «Die Leute erzählen mir alles. Es ist hier manchmal wie eine Psychiatrie», so die gebürtige Ungarin. Und, Ehrensache: Was im Kiosk erzählt wird, bleibt im Kiosk.
Der Kiosk als Chance auf Unabhängigkeit
Der 32-jährige Sedat Yildirim betreibt den Kult-Kiosk «Tramhaltestelle» im Berner Ostring gemeinsam mit seiner Frau - ein Familienbetrieb. Im Wohnviertel kennen alle den Kiosk, der sich in einem uralten, ehemaligen Tramhäuschen befindet.
Der Kiosk ist mein Zimmer
Der türkische Kioskinhaber schätzt, dass er sich mit dem Kiosk etwas Eigenes aufbauen konnte in der Schweiz. Dafür nimmt Yildirim auch lange Arbeitstage in Kauf: Er arbeitet bis 14 Stunden täglich an sieben Tagen die Woche.
Der Kiosk als Lebenswerk
Hansluz Nussbaum ist Präsident des Verbandes der unabhängigen Kioskbesitzer in der Schweiz «KioSwiss» und kaufte seinen ersten Kiosk vor 31 Jahren. Gemeinsam mit seiner Frau. Die Frau hat er nicht mehr, den Kiosk schon - und es sind drei weitere hinzugekommen. Der langjährige Kioskbesitzer weiss, wie sich das Kioskbusiness verändert hat. «Die Kinder, die ihr Sackgeld für Süsses ausgeben, die gibt es noch», erzählt er. Das eingerollte Sexheftli und die Presse für Jugendliche seien jedoch quasi Vergangenheitsrelikte.
Unsere goldenen Zeiten sind wahrscheinlich vorbei.
Dass immer mehr Privatkioskbesitzer ausländische Wurzeln haben, entgeht auch Nussbaum nicht. Er erklärt es sich damit, dass heute viele Leute vor den langen Arbeitszeiten und den verhältnismässig tiefen Erträgen zurückschrecken. Der Kiosk ist eben nicht nur der Ort für romantisch-nostalgische Gefühle und ein Spiegel der Gesellschaft - sondern vor allem auch ein knallhartes Business.