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Kampf gegen Massentourismus «In der Schweiz könnte man eine zweite Kapellbrücke nachbauen»

Hohe Eintrittspreise, begrenzte Anzahl Leute oder ganz geschlossen: Der Massentourismus zieht wieder an. Um dem entgegenzuwirken, gibt es an vielen Orten strengere Massnahmen. Der Wirtschaftsprofessor Bruno Frey hat eine Theorie erarbeitet, die dem widerspricht: Das Angebot soll erweitert werden.

SRF: Bruno Frey, anstatt Massentourismus komplett einzudämmen, schlagen Sie eine Erweiterung des Angebots als «Neue Originale» vor. Was genau verstehen Sie darunter?

Bruno Frey: Die Hauptidee ist, dass man in der Nähe – nehmen wir als Beispiel Venedig – ein Grundstück sucht und dort einige der wichtigsten Gebäude von Venedig identisch nochmals aufbaut. Ich denke dabei an die Rialto-Brücke, den Dogenpalast oder den Markusdom. Zudem kann man den Leuten auch Möglichkeiten anbieten, Venedig neu zu erleben, in dem man ihnen beispielsweise aufzeigt, wie Venedig im 15. Jahrhundert ausgesehen hat.

Bruno S. Frey

Wirtschaftswissenschaftler

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Bruno S. Frey ist Schweizer Wirtschaftswissenschaftler, Experte der ökonomischen Glücksforschung sowie als führender Forscher im Bereich der Kulturökonomik. Weiter ist er Forschungsdirektor bei CREMA – Center for Research in Economics, Management and the Arts in Zürich. Frey hat schon verschiedene Publikationen zum Thema Massentourismus herausgegeben.

Denken Sie, dass sich dadurch die Massen an Tourist:innen besser verteilen würden?

Genau. Es müssten jedoch an beiden Orten die gleichen Bedingungen gelten wie gleich hohe Eintrittspreise. Es steht jedem frei, in welches Venedig man geht und es wird nichts verboten, doch so würden sich die Menschenmassen auf zwei Orte verteilen.

Glauben Sie wirklich, dass die Leute eine Kopie von Venedig sehen wollen, wenn nur wenige Kilometer daneben das Original steht?

Ich glaube ja. Schliesslich werden heute weltweit schon überall Kopien verwendet und den Leuten ist es egal. In einer Ausstellung von da Vinci im Louvre Paris waren ein Teil der ausgestellten Werke Kopien. Trotzdem sind die Leute in Massen hingegangen. Das hat auch nichts mit Herabwürdigung zu tun.

Schon heute werden auf der ganzen Welt Kopien verwendet. Für viele macht das keinen Unterschied.
Autor: Bruno Frey Wirtschaftsprofessor

Sie haben jetzt von Venedig und Paris gesprochen. Würde dieses Konzept denn auch in der Schweiz funktionieren?

In der Schweiz wäre es sicherlich schwieriger, dieses umzusetzen. Ein zweites Matterhorn aufzustellen, geht natürlich nicht. Aber man könnte einerseits mehr Angebote bei anderen Bergen anbieten, damit die Leute nicht immer zu den gleichen gehen.

Und wie sieht es mit dem Nachbau von Sehenswürdigkeiten in der Schweiz aus?

Auch das kann ich mir durchaus vorstellen. Beispielsweise die Kappellbrücke in Luzern könnte man an einem anderen Ort nachbauen.

Aktuell führen immer mehr Touristen-Destinationen sowohl in der Schweiz als auch im Ausland strengere Massnahmen ein, wie beispelsweise hohe Eintrittspreise, begrenzte Anzahl Personen oder lassen zu gewissen Zeiten gar keine Leute mehr zu. Warum sollte man ihrer Meinung nach denn nicht diese Massnahmen vermehrt durchsetzen?

Gerade bei hohen Preisen glaube ich nicht, dass das erfolgreich ist. Wer vom Ausland in die Schweiz reist, ist auch bereit, mehr zu zahlen. Ein Verbot oder eine Eingrenzung der Personen finde ich schade, da es Leute ausschliesst. Es ist unfair. Man sollte doch die Menschen dazu ermuntern, etwas Neues zu sehen und zu erfahren. Diese Entwicklung der Massnahmen finde ich darum ziemlich unglücklich.

«Venedig ist überall»

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Cover von Venedig ist überall
Legende: Springer Verlag

In seinem Buch «Venedig ist überall» schreibt Bruno Frey über seine Ideen gegen den Massentourismus. Oder besser gesagt: Anstatt immer strengere Massnahmen einzuführen und damit ein Ende für «Kultur für alle» herbeizuführen, schlägt er vor: Eine Erweiterung des Angebotes als «Neue Originale».

Erscheinungsdatum: 28.10.2020
Verlag: Springer

Was halten Sie davon? Könnten Sie es sich vorstellen, eine Kopie einer berühmten Sehenswürdigkeit zu besuchen? Diskutieren Sie in der Kommentarspalte ganz unten im Artikel mit.

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