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Kunsttherapie Es braucht Mut um zu sagen: «Ich sterbe»

Entgegen allen Erwartungen liegen auf dem Tisch im Atelier Bilder in vielen Farben. Nur ein Bild ist ganz in schwarz gezeichnet. Religiöse Symbole oder Symbole, die mit dem Tod verbunden werden, gibt es auch keine. Dafür sehr persönliche und zum Teil sehr explizite Bilder.

Ein Mensch, der seinen letzten Atemzug macht. Ein Körper in einem Grab, darüber fliegt in einem intensiven Gelb etwas davon, dass grösser und mächtiger wirkt als der Körper. Es sind Bilder, die alles sagen.

Jean-Michel Capt

Jean-Michel Capt

Kunsttherapeut

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Der Kunsttherapeut Jean-Michel Capt hat ein Atelier auf der Palliativstation des Kantonsspitals Fribourg. Zu ihm kommen Schwerkranke Menschen, die mit der Kunst ausdrücken, wofür Worte fehlen.

«Mit der Kunst könne das ausgedrückt werden, wofür es keine Worte gebe», sagt Jean-Michel Capt. Der Kunsttherapeut arbeitet auf der Palliativstation des Kantonsspital Fribourg mit schwerkranken Menschen. Mit Kreide, Pinsel oder Farbstift bringen seine Patientinnen und Patienten ihr Inneres zum Ausdruck.

Im Atelier hat es Platz für überwältigende Gefühle

Ein einziges Bild ist ganz in schwarz gezeichnet. Aus der Mitte dieser beengenden Schwärze blickt ein Auge heraus. Capt legt ein anderes Werk hin, drei Bilder in Wut und Verzweiflung gezeichnet. Auf dem ersten Bild wilde Kreise – mit so starkem Druck gezeichnet, dass sie auf das nächste Blatt durchdrücken. Das zweite Bild wirkt ruhiger. Auf dem dritten Bild ist ein Weg erkennbar. Auf der einen Seite wachsen Bäume, etwas geht diesen Weg entlang bis zum Ende. Auf der anderen Seite etwas Undefinierbares – was es wohl ist? Etwas, das Angst macht, weiss Capt.

Wut, Angst, Trauer - im Atelier werden Gefühle und Gedanken nicht nur auf Papier gebracht, sondern auch in Ton geformt. Manchmal werden Dinge verbrannt. In der Mitte des Tisches steht eine massive Schale aus Metall mit einem Schlegel. Zum Draufhauen und Gefühlen Platz geben, erklärt Capt.

Die meisten Bilder sind bunt

Ein Schmetterling in pastellviolett. Eine Frau auf einer Bank im Grünen. Und Berge – immer wieder Berge. Die Menschen wollten wissen, was hinter den Bergen sei, was sich im Unbekannten verberge, meint der Kunsttherapeut. Berge sind auch das, was der Ausblick aus den Fenstern zeigt: Die schneebedeckten Freiburger Alpen.

Viele Farben, aber keine Symbole, die für den Tod oder für etwas Religiöses stehen – warum? In der Zeit die bleibt, liegt Hoffnung. Nicht die Hoffnung, wieder gesund zu werden, sagt Capt. Aber die Hoffnung darauf, das was vom Leben noch bleibt, so gut es geht zu leben. Das spiegle sich in den Farben wieder.

Am Ende bleibt das Bild

Die Bilder sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Patientinnen und Patienten können ihre Werke aber den Angehörigen vermachen. Bilder, welche auch nach dem Tod eine Energie ausstrahlen.

SRF Input

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