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Fernsehgerät mit Fernseher im Hintergrund
Legende: Unsplash

Steigende Streamingzahlen Schaden Netflix und Co. unserem Klima?

Den ÖV zur Arbeit nehmen, auf grosse Reisen verzichten und auf eine pflanzliche Ernährung umsteigen. Den meisten ist bewusst, was man für das Klima und die Umwelt unternehmen kann. Doch kann auch «netflixen» zuhause auf der Couch zu einem Problem für die Umwelt werden?

Eine riesen Auswahl an Serien, Dokus und Filme sind durch das Internet nur ein Klick von uns entfernt. Gerade während der Corona-Pandemie ist der Datenverkehr in der Schweiz so hoch wie nie. So überrascht es nicht, dass der Streamingriese Netflix die 200 Millionen User-Grenze geknackt hat. Allein die Netflix-Produktion «The Crown» wurde letztes Jahr von über 100 Millionen Menschen gestreamt. Ob der rege Gebrauch von Streamingdiensten ein Problem für die Umwelt darstellen kann, erklärt SRF-Digitalredaktor Guido Berger .

Zur Person

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Guido Berger ist SRF-Digitalredaktor und Experte für Games und alle Themen rund um die neusten Technologien.

Guido Berger, wieso ist der Netflix-Boom ein Problem für das Klima?

Streaming braucht an verschiedensten Orten Strom. Sei es für die Herstellung und Betreibung des Gerätes, für die Rechenzentren, welche die entsprechenden Daten zu mir nach Hause bringen sowie für die gesamte Internetinfrastruktur dazwischen. Es braucht also mehr Strom als herkömmliches Fernsehen. Und weil manche Daten aus dem Ausland kommen, nutzen wir auch Server die mit Kohlestrom laufen.

Wie sieht der Anteil der Streaming-Dienste aus, wenn wir den gesamten digitalen Energieverbrauch betrachten?

Streaming, konkret Videoinhalte, die über das Internet verteilt werden, machen etwa 75% des gesamten Netzwerkverkehrs aus. Das ist ein sehr hoher Anteil des Internetgebrauchs. Jedoch sollte man beachten, dass die gesamte Internetnutzung nur für circa 1 bis 2% des kompletten CO2-Ausstosses verantwortlich ist. Im Bereich des digitalen Energieverbrauches nimmt Streaming einen grossen Anteil ein. Vergleicht man es aber mit anderen Bereichen, wie unserer Ernährung, unserer Mobilität oder unseres Wohnstandards, ist es ein sehr kleiner Anteil.

Lässt sich der Energieverbrauch durch Streaming mit einem analogen Beispiel vergleichen?

Die Schätzungen sind sehr unterschiedlich. Ein anschaubarer Vergleich ist, dass eine Stunde streamen in etwa gleich viel Energie, das heisst Strom, verbraucht, wie ein Kilometer Autofahren. Wenn ich also nie fliege oder Autofahre, ist mein Anteil an Stromverbrauch durch Streaming relativ hoch. Fliege ich jedoch nur einmal im Jahr nach London, könnte ich damit schon mehrere Stunden am Tag «netflixen».

Eine Stunde streamen verbraucht in etwa gleich viel Strom, wie ein Kilometer Autofahren.
Autor: Guido Berger SRF Digital Experte

Sparen als Stichwort: Wie lässt sich das Klima und die Umwelt beim Streaming schonen?

Der Energieverbrauch pro Kopf sinkt, wenn man sich gemeinsam einen Film anschaut und nicht jeder auf einem anderen Gerät streamt. Noch wichtiger ist aber das Streaminggerät an sich. Die Herstellung braucht nämlich mehr Energie als die spätere Betreibung. Das heisst, je länger ich dieses Gerät nutze, desto besser ist meine Energiebilanz.

Experten sagen, dass sich unser Streamingvolumen in den nächsten 10 Jahren verzehnfachen wird. Ist genug Bewusstsein da zu diesem Thema?

Ich finde schon. Auch wenn die Nutzung in Zukunft zunehmen wird, ist es immer noch ein sehr kleiner Anteil am gesamten Energieverbrauch. Wenn wir nur dort sparen anstatt in anderen Bereichen, lösen wir unser Klimaproblem nicht.

Ausserdem nimmt der Stromverbrauch nicht automatisch mit der Nutzung zu. Die Betreiber der Rechenzentren haben ein grosses Interesse daran, effizienter zu werden. Auch die Übertragung von Videoinhalten wird konstant verbessert. Es ist also davon auszugehen, dass grosse Fortschritte in der Technologie gemacht werden, welche den Stromverbrauch erheblich senken.

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