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«Unsere kleine Botschaft» Luxus und Personenschutz? So lebt man als Botschafter wirklich

Aus Film und Serien gibt es viele Klischees und Vorstellungen rund um das Leben als Botschafter. Was davon stimmt, verrät Ex-Botschafter Paul Seger.

Mit Cüpli trinken, einem Brand und einer Entführung beginnt die neue SRF-Sitcom «Unsere kleine Botschaft». Sie spielt in einer fiktiven Schweizer Botschaft in einem fiktiven Land in Lateinamerika. Doch wie ist das Leben auf einer Botschaft wirklich? Das weiss Paul Seger, jahrelanger Diplomat und später Botschafter.

Paul Seger

Ehemaliger Schweizer Botschafter

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Paul Seger trat 1986 erstmals in den diplomatischen Dienst, wo er in Kinshasa (Kongo) eingesetzt wurde. Als Diplomat und Botschafter zog es ihn später nach New York, Buenos Aires, Yangon (Myanmar) und Berlin. Heute ist er im Ruhestand und ist unter anderem Präsident der Winterhilfe Basel-Stadt.

SRF: In der Sitcom «Unsere kleine Botschaft» herrscht oft Chaos. Wie sieht es in einer echten Botschaft aus?

Paul Seger: In jeder Schweizer Botschaft treffen zwei Welten aufeinander: das entsandte Personal aus der Schweiz und das lokale Team.

Während in der Schweiz eine Sitzung pünktlich um 8:45 Uhr beginnt, sieht man es in Argentinien lockerer. Manchmal fängt sie erst um 10:00 Uhr an. Auch die Arbeitsmentalität ist anders, oft gelassener und weniger getaktet. Als Chef muss man diese Unterschiede ausbalancieren und gleichzeitig ein Stück «Swissness» bewahren. Das verlangt Feingefühl.

Botschafter leben oft in luxuriösen Residenzen und treffen prominente Leute. Wie viel Glamour steckt dahinter?

Natürlich lebt man relativ privilegiert. Beispielsweise in Berlin war meine Dienstwohnung 400 Quadratmeter gross. Man trifft wichtige Leute, Minister oder auch ab und zu die Kanzlerin.

Aber das ist auch anstrengend. Um 19:00 Uhr hat man nicht Feierabend, sondern es beginnt der gesellschaftliche Teil. Vier bis fünf Abende pro Woche ist man an einem Anlass, der bis Mitternacht dauern kann. Der Glamour ist schön, aber hat auch seine Schattenseiten.

Wie gefährlich ist das Leben als Botschafter?

Als Schweizer Botschafter ist man in der Regel in keiner besonders gefährlichen Situation. Ich habe – abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen – nie Bodyguards dabeigehabt.

Als Botschafterin oder Botschafter macht man keine Politik, sondern man setzt die Beschlüsse des Bundesrats um.

Eigentlich ist es mir sogar eher unangenehm. Wenn jemand mit Personenschutz auftaucht, schauen alle und fragen sich, was für eine wichtige Person das wohl sein mag. Ich finde es oftmals sicherer, wenn man unauffällig bleibt und in der Menge untergeht.

Wie gross ist der Einfluss eines Botschafters tatsächlich?

Es kommt darauf an, was man unter Einfluss versteht. Entscheidend ist ein gutes Netzwerk. Beispiel Berlin 2020: Während Covid hätte Deutschland die Grenzen zur Schweiz schliessen können. Dank guten Beziehungen und Überzeugungskraft habe ich es geschafft, dass die Grenzen offen geblieben sind.

Für die Kinder war es nicht immer einfach.

Aber Einfluss hat Grenzen. Als Botschafterin oder Botschafter macht man keine Politik, sondern man setzt die Beschlüsse des Bundesrats um. Einfluss ist da, aber begrenzt.

Die Familie eines Botschafters hat nicht viel zu sagen. Sie müssen mitkommen, egal wohin man geschickt wird. Wie hat das Ihre Familie erlebt?

1986 in den Kongo durfte meine damalige Freundin – heute Frau – nur mit, wenn wir verheiratet waren oder sie als Hausangestellte mitkam. Wir haben also geheiratet. Meine Frau und ich sind seit bald 40 Jahren verheiratet, und sie hat dieses Leben mitgemacht. Unsere beiden Söhne ebenfalls.

Für die Kinder war es nicht immer einfach. In Argentinien verstanden sie am Anfang kein Wort Spanisch, in New York mussten sie alles auf Englisch lernen. Ich habe mich bei meinem Sohn einmal dafür entschuldigt. Er meinte, es sei hart gewesen, aber sie hätten auch profitiert. Das hat mich beruhigt.

Das Gespräch führte Lisa Wickart.

Streaminghinweis zu «Unsere kleine Botschaft»

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Der Cast der neuen SRF-Sitcom.
Legende: SRF/Pascal Mora

Auf Play SRF können alle Folgen der Sitcom «Unsere kleine Botschaft» seit dem 31. Oktober 2025 gestreamt werden.

Im TV werden an diesem Tag die ersten beiden von insgesamt sechs Folgen ausgestrahlt. Anschliessend geht es im wöchentlichen Rhythmus mit der Ausstrahlung weiter.

Radio SRF 3, 07:15 Uhr, 1.11.2025

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