Die Eröffnungs-Sequenz im Kult-Film «The Simpsons Movie» beginnt damit, dass die Punkband Green Day im Lake Springfield versinkt. Ursache für den Untergang: Das Wasser ist dermassen verseucht, dass sich die Seebühne, auf der die Musiker spielen, aufgelöst hat.
Dass sich die Simpsons-Macher dabei auch über den politischen Aktivismus von Green Day lustig machen: Geschenkt.
Protest-Rock vs. Fun-Punk
In diesem Spannungsfeld zwischen ernstem Protest-Rock und lockerem Fun-Punk bewegen sich die 3 Kalifornier seit Beginn ihrer Karriere. Den Durchbruch schafften Green Day vor genau 30 Jahren mit «Dookie», einem Album voll intelligenter Subversion, das sich aber nie zu ernst nahm.
Angeführt vom Gitarristen und Sänger Billie Joe Armstrong verpackten Green Day den Punk der 70er Jahre in ein kompaktes 90er-Jahre-Powerpop-Paket mit Songs wie «Basket Case» und der zum Hit gewordenen Ballade «When I Come Around» und etablierten sich als eine der wenigen modernen alternativen Rockgruppen mit einem echten Sinn für Humor.
Beeindruckende Hitschmiede
10 Jahre später, als eigentlich niemand mehr mit ihnen rechnete, machten Green Day das beste Album ihrer Karriere. «American Idiot» verarbeitete den Eindruck, wie es ist, unter einem reaktionären Präsidenten (George W. Bush) in den USA zu leben.
Polit-Plattitüden überliess man dabei den anderen. Der Band gelang eine moderne Rock-Oper im Stile von The Who's «Tommy», bei der das Politische ins Private verwoben wurde. Musikalisch entpuppte sich das Trio dabei als musikalisch beeindruckende Hitschmiede zwischen Ramones, Replacements und Beatles.
Der amerikanische Traum funktioniert nicht
Und jetzt also das neue Album «Saviors», das musikalisch und inhaltlich auffallend an «American Idiot» erinnert. Angekündigt wurde es mit der ersten Single «The American Dream Is Killing Me».
Der Song zeigt auf, dass der amerikanische Traum für die meisten Leute eben nicht funktioniert. Dazu gibt es Schimpf-Tiraden in Richtung Trump, wie kürzlich bei einem Auftritt an Silvester, als man den Song «American Idiot» kurzerhand zur Warnung vor einer neuen Trump-Ära umfunktionierte.
Amerika am Abgrund
Das ist weder besonders überraschend noch besonders subversiv. Auch Green Day wissen, dass echter Polit-Aktivismus in der grossen Rock-Arena schlecht funktioniert. Die Menge will unterhalten werden und nicht politisiert. Die Energie, die Green Day für «Saviors» kanalisiert haben, ist hingegen genau die, welche man in den letzten zwei Jahrzehnten von ihnen vermisst hat.
Die Band hat ihre Midlife-Crisis überwunden und macht endlich wieder Punkrock. Dass die Themen der Texte teils dieselben sind wie vor 20 Jahren, hat mit dem Zustand der USA zu tun. Das Land steht am Abgrund und könnte in eine Diktatur taumeln. Dies kommentieren Green Day auf «Saviors» mit beissendem Sarkasmus. Während die Welt um sie herum brennt, haut man lachend in die Saiten - wie der Junge auf dem Albumcover. Mit diesem Rezept wurden Green Day 2004 zur grössten Rockband der Welt und dieselben Zutaten machen ihr neues Album «Saviors» zu ihrem besten seit «American Idiot».