Claudia Weber und Jonathan Fisch sind knapp über 40 und stellen sich die existentiellen Fragen: Was will ich noch vom Leben? Und was habe ich schon? Klar, da ist der Job: Jonathan und Claudia arbeiten für die Morgeninformationen von Radio SRF und für den Info-Sender «SRF 4 News». Doch da ist eben noch so viel mehr.
Familie, Liebe, Sex, Gesundheit, Glück, Schicksal, Vergangenheit, Zukunft, Beruf, Leidenschaft. Das spielt alles zusammen. Wer wollen wir sein? Und in welcher Gesellschaft wollen wir leben? Die «SRF 4 News»-Serie fragt nach am Sommerfest, bei der Politologin, beim Arzt, der Psychotherapeutin, der Headhunterin und sucht Antworten im Keller, am Gymnasium und in der Burnout-Klinik.
Will ich noch, hab' ich schon - Die Serie zur Lebensmitte
Klar. Man kann sich jederzeit mit Lebensfragen beschäftigen. Immer eine Standortbestimmung vornehmen. Reflektieren und seinen Sinn schärfen. Nur: Dass man in der Mitte des Lebens steht, kommt nur einmal vor. Zumindest statistisch gesehen. Der Blick in die Tabellen der Bundesstatistiker zeigt: Frauen in der Schweiz erreichen rund 85 Jahre, Männer werden knapp 82 Jahre alt. Wer also 40 Kerzen auf seinem Kuchen zählt, kann statistisch davon ausgehen, dass er ziemlich in der Mitte des Lebens steht. Höchste Zeit, Zwischenbilanz zu ziehen. «Will ich noch, hab’ ich schon»: In der «SRF 4 News»-Audioserie zur Lebensmitte gehen unsere Autoren der Frage nach, mit welchen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Fragen sich ihre Generation auseinandersetzt.
40-Jährige feiern
Die Suche nach möglichen Antworten führt die «SRF 4 News»-Journalisten Claudia Weber und Jonathan Fisch zunächst nach Wettswil am Albis. In dieser unscheinbaren Zürcher Agglomerationsgemeinde wohnen rund 5'200 Einwohnerinnen und Einwohner. Höhepunkt in der Jahresagenda ist ein Dorffest, das im Spätsommer jeweils von den 40-Jährigen organisiert wird. Das Organisationsteam besteht aus 30 Mitgliedern – also der ideale Schauplatz, sich ein Bild dieser 40-Jährigen zu machen. Wie managen sie ihr Familien- und Berufsleben? Wo stehen sie im Leben? Diese Fragen stehen im Zentrum des Besuchs an diesem Fest.
In der Burnout-Klinik
45 Autominuten von Wettswil entfernt kümmert sich eine Privatklinik oberhalb des Zürichsees um jene, die im Alltag nicht mehr klarkommen. Der grösste Teil der Klienten ist zwar älter als 40. Aber es gibt sie auch da, jene, die mitten im Leben während Wochen mit Therapien und Gesprächen gecoacht werden. Das repräsentative Anwesen mit mehreren Jugendstilhäusern richtet sich an jene mit etwas mehr Geld in der Tasche. Einer von ihnen ist Nino (Name geändert). Ein klassischer Workaholic, Vater einer kleinen Tochter. Dass er mit etwas mehr als 40 Jahren im Gesprächszimmer des stellvertretenden Klinikdirektors sitzt und sein bisheriges Leben auf einer Flipchart skizziert – daran hätte er bis vor kurzem nicht gedacht. Mit Journalisten zu sprechen, kostet ihn Überwindung. Er schwitzt. Die Begegnung wird persönlich, keiner Frage weicht er aus. Es scheint, als ob es für den Familienvater auch befreiend ist, mit zwei völlig Fremden über sein Schicksal zu sprechen.
Dass die Belastung im Leben für 40-Jährige besonders gross ist, bestätigt Thomas Rosemann, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Zürich. Der Gesundheit Sorge tragen, der Belastung des Alltags Stand halten, das schaffe nicht jede, nicht jeder. Eines seiner Rezepte: Sport treiben, und zwar regelmässig. Auf der faulen Haut scheinen 40-Jährige aber keinesfalls zu liegen. Laut Statistik treiben rund 25 Prozent der Frauen mindestens drei Mal pro Woche Sport. Männer tuns noch häufiger.
Erfolgreiches Altern beginnt mit 40
Sich regelmässig bewegen: Dies rät auch Ulrike Ehlert, Psychologin an der Universität Zürich. Sie hat das Verhalten der Frauen und Männer ab 40 genauer untersucht. «Mit 40 ist man mitten im Leben angekommen», sagt sie – weshalb es höchste Zeit sei, Zwischenbilanz zu ziehen. Oder etwas konkreter: «Die zweite Lebenshälfte zu planen.» Denn erfolgreiches Altern beginnt mit 40. Am besten würde man sich in dieser Lebensphase einen Plan zurechtlegen, was man nebst Familien und Beruf noch tun wolle. Den Standort bestimmen. Prioritäten setzen. Oder eben - sich bewusst werden: «Was will ich noch, was hab’ ich schon?»
Berufliche Perspektiven
Damit sich 40-Jährige konkreter mit ihrer beruflichen Zukunft auseinandersetzen, hat der Bundesrat mehrere Massnahmen beschlossen. Denn aufgrund der demographischen Entwicklung wird sich der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren weiter zuspitzen – weshalb die heute 40-Jährigen eine Schlüsselrolle spielen werden. Sie werden die Leistungsträger von morgen sein. Mit Beratungsgesprächen, die sich an Personen ab 40 richten, soll das Potenzial der Arbeitnehmerinnen besser genutzt werden. Dafür gibt der Bund bis 2024 knapp 37 Millionen Franken aus. Für die Umsetzung des Programms sind die Kantone verantwortlich, die kostenlose Beratungen anbieten werden. Aus Sicht von Personalverantwortlichen sind solche Standortbestimmungen mit 40 dringend erwünscht. Headhunterin Doris Aebi aus Zürich rät, spätestens mit 40 externe Weiter- oder Ausbildungen in Angriff zu nehmen, um so auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben. Denn ein Fakt ist: Das Kündigungsrisiko zwischen 40 und 50 Jahren ist laut Arbeitsmarktexperten am höchsten.