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75 Jahre Walter Andreas Müller Blocher war mein Hamlet

Für Liebhaber- und Heldenrollen sei er zu klein. Das machte man Walter Andreas Müller schon in der Schauspielschule klar. Dafür blühte er mitunter als Parodist und Komödiant regelrecht auf. Wenn andere in die Rolle des Hamlet schlüpften, brillierte er dafür als Blocher oder Adam Chifler.

Den Romeo oder Hamlet werde er wohl nie spielen. Vor diese Tatsache stellte man den jungen WAM schon, als er sich für die Schauspielschule bewarb. Mit seinen 162.5 cm fehlte es ihm schlichtweg an Grösse. Davon liess er sich aber nicht entmutigen. Seit jeher liebäugelte WAM sowieso lieber mit skurrilen Figuren und spielt auch heute noch am liebsten komische Rollen. Das Publikum zum Lachen zu bringen gilt unter Schauspielern als Königsdisziplin. WAM wurde das Talent dazu in die Wiege gelegt.

Seine Parodien diverser Politiker wie Christoph Blocher oder Jean Ziegler sind legendär.

Brillanter Chifler und Pointensetzer

Genauso brillierte WAM aber auch als genervter Ehemann Adam Chifler in der TV-Sendung «Traumpaar», oder als der in der Midlife-Crisis steckende Hans Meier in der Sitcom «Fascht e Familie».

Im Radio setzte er zusammen mit Birgit Steinegger Pointe an Pointe in «Zweierleier» und für Generationen von Kindern prägte er sich als Hörspiel-Stimme von Globi ins Gedächtnis ein.

Mutter starb an Kinderlähmung

WAM kam einen Tag nach dem offiziellen Ende des zweiten Weltkriegs am 3. September 1945 in Zürich-Wollishofen zur Welt. Als er fünf Jahre alt war verstarb seine leibliche Mutter an Kinderlähmung. Mit dieser hochansteckenden Krankheit können sich auch Erwachsene infizieren. WAM durfte seine Mutter noch nicht einmal mehr im Krankenhaus besuchen.

Fortan kümmerte sich seine Grossmutter um ihn. Allerdings schämt sich WAM noch heute über die Flausen, die er damals im Kopf hatte. Er sei gewiss kein einfaches Kind gewesen und habe viel Unfug getrieben.

«Darf ich dir Mami sagen?»

Als er elf Jahre alt war, heiratete sein Vater erneut. Seine neue Frau vermochte es, auch WAM's Herz zu erobern. Obschon er sich anfangs schwer damit tat sie zu akzeptieren, nannte er sie alsbald Mami – das wohl grösste Kompliment, das ein Kind seiner Stiefmutter machen kann.

Sie war es auch, die ihn in die Opernwelt einführte. Nachdem sie zusammen «Rigoletto» gesehen hatten, war ihm klar, dass er Schauspieler oder sogar Opernsänger werden wollte.

Liebe mit Stolpersteinen

Schon früh war WAM auch klar, dass er sich zu Männern hingezogen fühlte. Während seiner Jugendzeit galt dies noch als Tabuthema, und Homosexuelle wurden entsprechend geächtet. Als junger Mann konfrontierte er seine Eltern trotzdem damit. Das Gespräch verlief äusserst tränenreich. Heutzutage gehe man damit sehr viel offener um.

Ich beneide manchmal die jungen Leute von heute.
Autor: WAM

Dennoch liess er sich nicht beirren. Seit mittlerweile 33 Jahren ist WAM mit seinem Lebenspartner liiert. Gesundheitlich bedingt lebt sein Mann mittlerweile in einem Heim, während WAM selber noch immer in seinem schmucken Erdhaus im Zürcher Oberland weilt.

Wie WAM zu seinem Namen kam

Ursprünglich wurde WAM auf Walter Müller getauft. Für eine Karriere als international erfolgreicher Schauspieler schätzten seine Dozenten an der Schauspielschule seinen bürgerlichen Namen jedoch als ungeeignet ein. Er solle sich was einfallen lassen, hiess es.

Inspiriert durch seinen Cousin Andreas entschied er sich folglich für seinen zweiten Vornamen. Radiolegende Elisabeth Schnell war es, die im Rahmen einer Nachtclub-Sendung die Idee dazu hatte, ihn kurz und bündig WAM zu nennen.

75 Jahre WAM – und kein bisschen müde

Am 3. September 2020 feiert der beliebte Schauspieler seinen 75. Geburtstag. Wie so viele seiner Kolleginnen und Kollegen lebt auch WAM nach der Devise:

Schauspielerei ist kein Beruf, sondern eine Berufung!
Autor: WAM

Entsprechend freut er sich auch, wenn er für neue Engagements angefragt wird. Jetzt, während der Coronazeit, muss er natürlich auch kürzer treten. Im September aber sind wieder ein paar wenige Auftritte möglich. So kann man WAM mitten im Zürcher Niederdorf in «Trittligass – ein sommerliches Grippespiel» erleben, und in den Kammerspielen Seeb wird er als Papst entführt.

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