Der aktuelle Schweizerpsalm wurde 1961 eingeführt und stiess schon damals auf Kritik. Noch heute witzeln böse Zungen: «Wenn man alle religiösen Passagen wegstreicht, bleibt ein Wetterbericht übrig.»
Entsprechend gab und gibt es immer wieder Bestrebungen nach einer neuen Hymne. 1973 steuerte auch Paul Burkhard einen Vorschlag bei.
Internationaler Hit
Burkhard hatte sich zu diesem Zeitpunkt durch seine Singspiele wie «Der schwarze Hecht» oder «Die kleine Niederdorfoper» bereits etabliert. Sein Evergreen «Oh mein Papa» schaffte es sowohl in einer instrumentalen, als auch in einer englischsprachigen Version, in die amerikanische Hitparade.
Schweizerhymne als Sprungbrett
Für Burkhard war dieser Erfolg Segen und Fluch zugleich. Er wollte sein Image als Komponist leichter Unterhaltungsmusik loswerden. Als ihn Hans Ehrisman, der damalige Leiter des Zürcher Opernhaus-Chors, dazu ermunterte, eine Schweizerhymne zu komponieren, war Burkhard gleich Feuer und Flamme. Seine Komposition sollte frei von Morgenrot und Alpenfirn sein – kurz, knackig und leicht singbar. Zusammen mit Textautor Herbert Meier machte er sich engagiert ans Werk.
Lieber weltoffen statt fromm
Nach mehreren Monaten eifriger Zusammenarbeit lag das Resultat vor. Ein rassiges «Schweizerlied» in elf Zeilen und mit lediglich sechs Tönen Umfang. Statt freiheitsliebender, betender Schweizer wurde darin ein weltoffenes Land propagiert – im ständigen Austausch mit seinen Nachbarn und eine Heimat für alle.
Premiere feierte Burkhards Komposition vor den Medien und geladenen Gästen am 29. März 1973 im Zürcher Stadthaus. Die Resonanz war sehr verhalten. Als man anschliessend Passanten auf der Strasse eine Aufnahme davon vorspielte, waren die Reaktionen mehrheitlich negativ.
Abgehackt und emotionslos
Die meisten empfanden die Melodie als abgehackt, den Text emotionslos und kalt. Mit dieser Kritik konnte Paul Burkhard umgehen. Was ihn jedoch in eine Depression stürzte war, dass seitens seiner Freunde absolute Funkstille herrschte. Sie wollten ihn wohl nicht verletzen und schwiegen deshalb lieber.
In der Folge brachte Burkhard vor lauter Enttäuschung darüber Monate lang keine Note mehr auf Papier. Sein «Schweizerlied» fand dann doch noch Verwendung. Dies allerdings textlich sehr schwülstig abgeändert im Rahmen eines Festspiels, welches er für den Männerchor Tägerwilen komponierte.