1931 erblickte sie als jüngstes Kind einer spanischen Arztfamilie in Madrid das Licht der Welt. Elena Sacchi und ihre drei Jahre ältere Schwester Margarita genossen Privilegien. Ihre Familie wurde durch ein Kindermädchen, eine Köchin und eine Haushälterin unterstützt. Die Schwestern besuchten sogar den Montessori-Kindergarten.
Risse im Paradies
Das Blatt sollte sich wenden, als der spanische Bürgerkrieg ausbrach.
Elenas Vater wurde an die Front abberufen. Madrid wurde bombardiert und zwang viele in die Flucht.
Elena gelangte mit ihrer Mutter und ihrer Schwester nach Barcelona, wo die Mutter an Typhus erkrankte und ins Spital eingeliefert wurde. Die beiden Töchter wiederum wurden in einem Heim untergebracht.
Nachdem General Francos Putschisten den Bürgerkrieg gewonnen hatten, stand Elenas Vater als Franco-Gegner quasi auf der schwarzen Liste. Beinahe hätte man seine Kinder ins Konzentrationslager abgeschoben.
Letzte Hoffnung war die Schweiz. Per Transportwagen des Roten Kreuzes wurden Elena und ihre Schwester nach Männedorf in ein privates Kinderheim gebracht. Ihr Vater überwies jeweils Geld auf ein Depot, damit für die Mädchen finanziell gesorgt war.
Lieblose Ordensschwestern
Im Männedorfer Privatkinderheim lebten lauter ausländische Kinder. Elena und ihre Schwester stammten als einzige aus Spanien.
Die beiden leitenden Ordensschwestern bezeichnet Elena Sacchi noch heute als Sadistinnen. Zwar wurden die Mädchen nicht körperlich, dafür seelisch, misshandelt. Deutsch lernten sie in der Schule. Hier erfuhren sie auch so etwas wie Zuneigung von einem sehr väterlichen Lehrer.
Zerstörter Traum des Vaters
Die Hoffnung des Vaters, seine Kinder abholen zu können, wurde durch den Ausbruch des zweiten Weltkriegs zunichte gemacht.
Während er in Paris weilte, bot man ihm als Arzt die Option an, in Moskau Forschungen zur Krebskrankheit zu betreiben.
Das erweckte sein Interesse. Zu gerne hätte er seine Töchter mitgenommen, aber die Grenzen waren geschlossen.
Weiterhin schickte er per Weltbank Geld aufs Depot für seine Töchter. Wo dieses gelandet ist, fragt sich Elena noch heute.
Nach drei Jahren war jedenfalls Ebbe in der Kasse. Die Ordensschwestern suchten für die beiden spanischen Waisenkinder einen Freiplatz – eine gratis Unterkunft - in einem Heim.
Freiheit und Wohlbefinden
Schliesslich meldete sich das Haus Sonnegg in Ebnat-Kappel. Es handelte sich hierbei um ein Lehrerinnenseminar. Die Kinder wurden demnach auch von angehenden Lehrerinnen betreut. Wirkliche Zuneigung vermissten sie zwar nach wie vor, dafür genossen sie die neu erlangte Freiheit. Elenas Schwester Margarita, die drei Jahre älter war, absolvierte wenig später eine Lehre als Zahntechnikerin in Sankt Gallen und heiratete kurz darauf. Elena musste nach der obligatorischen Schulzeit nach Spanien zurückkehren.
Spanischer Familiensinn
Bei ihrer Grossmutter und der Tante in Malaga wurde sie liebevoll aufgenommen. Anfangs fühlte sie sich von all der Aufmerksamkeit beinahe überrumpelt.
Obschon sie die spanische Mentalität sehr schätzte, vermisste sie doch ihre Schwester, ihre Freunde und die Schweiz
Spanisch-Korrespondentin gesucht
Durch ihre Schwester erfuhr Elena, dass man in der Schweiz - auf Grund des Wirtschaftswachstums - Fremdsprachen-Korrespondentinnen suchte; eine Gelegenheit, die Elena Sacchi gerne wahrnahm. Sie fand eine Stelle in einem Textilunternehmen. Damit sie ihre Arbeitsbewilligung nicht alle drei Monate erneuern musste, heiratete sie einen Schweizer - eher eine Notlösung, als eine Liebesheirat. Drei Kinder entstammen aus dieser ersten Ehe.
Nächste Station war Basel, wo sie in der Pharmaindustrie Fuss fasste. Hier war es dann auch jeweils kein Problem mehr die nötige Arbeitsbewilligung einzuholen.
Sie möchte nirgendwo anders leben
Obschon sie in Spanien noch viele Verwandte hat fühlt sich Elena Sacchi in der Schweiz am wohlsten. Bedingt durch ihre Kindheit, in der Gefühle Mangelware waren, bedeutet ihr Empathie sehr viel.
Es ist daher nicht erstaunlich, dass ihr zweiter Mann Augustin ein Mensch war, der sehr viel Gefühl zeigen konnte.
Über ihren Vater spricht Elena Sacchi mit Hochachtung. Man merkt, wie sehr sie seine Karriere und seine Errungenschaften schätzt. Bevor er 1972 verstarb, konnte ihn Elena mitunter sogar in Moskau besuchen.
Doktor Juan Planelles selber besuchte wiederum seine Töchter in der Schweiz, wo er seine Enkelkinder kennenlernen durfte.
Seine Forschungsergebnisse werden von Wissenschaftlern noch heute sehr geschätzt.