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Lebensgeschichte Ernst Bichsel – Wegbereiter für Kulturreisen

«Ich habe ein Helfersyndrom», meint der 78-jährige Ernst Bichsel. Damit meint er seine stete Bereitschaft Hilfe anzubieten, wo Not am Mann ist. Gelernt hat er das von klein auf. Später – als Verantwortlicher für Musikreisen – kamen ihm Hilfsbereitschaft und Organisationstalent zugute.

Sein «Helfersyndrom» erklärt Ernst Bichsel durch die Tatsache, dass sie zu Hause schon als Kinder kräftig mitanpacken mussten. «Die Lastwagen meines Vaters hatten noch Holzvergaser», erzählt er. Dafür musste immer genug Brennmaterial vorhanden sein.

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«Meine Mutter hat mich und meine kleine Schwester frühmorgens um fünf Uhr geweckt, damit wir ihr bei der Arbeit helfen.» Die Kinder hielten der Mutter grosse Jutesäcke hin, die diese mit Holzscheiten füllte und später auf die Lastwagen lud. «Die Erinnerung an diese Arbeit ist immer noch sehr lebendig, ich möchte sie nicht missen», so Bichsel.

Eigene Wege

Auch als Teenager unterstützt Ernst Bichsel das Familienunternehmen tatkräftig, indem er «s’Büro» macht. Deshalb entschliesst er sich nach der Schule für eine kaufmännische Lehre – gegen den Willen seines Vaters. Der hätte es lieber gesehen, wenn auch die nächste Generation dem Transportgeschäft treu geblieben wäre.

Doch Ernst Bichsel schreibt lieber Offerten statt Motoren in Einzelteile zu zerlegen. Auch während seiner kaufmännischen Ausbildung sitzt er nach einem langen Arbeitstag spätabends noch im Büro seiner Vaters und erledigt Büroarbeiten.

Eigene Ideen

Nach der Rekrutenschule arbeitet der junge Mann noch ein paar Jahre im Unternehmen der Familie. Danach geht er beruflich eigene Wege. Er fasst Fuss in der Reisebranche. Bei Danzas Reisen gründet er eine eigene Abteilung für Opern- und Konzertreisen. 1989 wagt er als Pionier für Kulturreisen den Schritt in die Selbständigkeit. Bei Kennern gilt sein Unternehmen bald einmal als Geheimtipp.

Wertvolle Erinnerungen

45 Jahre lang organisiert Ernst Bichsel Musikreisen, die auf die Wünsche seiner Kunden zugeschnitten sind. «Ich war in ganz Europa unterwegs und bin in den Konzert- und Opernhäusern ein- und ausgegangen», erzählt der 78-Jährige.

«Ich habe viele Musiker, Dirigenten, Orchestermitglieder, Sängerinnen und Sänger persönlich kennengelernt. Davon habe ich gezehrt und davon lebe ich auch noch in der Erinnerung.»

Zum Beispiel habe er in einem Hotel einmal nebenan von von Anne-Sophie Mutter gewohnt. «Sie hat sich im Nebenzimmer für das Konzert vom Abend eingespielt und mich so um den Mittagsschlaf gebracht.» Als er die Stargeigerin später auf dem Korridor trifft, bedankt er sich für das «Konzert». Ihr ist das peinlich, doch Ernst Bichsel beruhigt sie: «Ja, was glauben Sie, ich habe Ihrer Musik mit Begeisterung gelauscht und mein Ohr fest an die Wand gepresst.» Für diese Wertschätzung wird er am Abend von Anne-Sophie Mutter noch zu einem «Abzocker» eingeladen und Herbert von Karajan vorgestellt.

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