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Lebensgeschichte Marly Rothenfluh: «Eine Mutter kann man nicht ersetzen»

89 Lebensjahre! Eine lange Zeit mit vielen Erinnerungen und Anekdoten, auf die Marly Rothenfluh zurückblicken kann. «Ich hatte es gut», meint die Innerschweizerin des Öfteren, wenn sie über ihre Kindheit und Auslandaufenthalte spricht.

«Ich habe die Mutter sehr jung verloren», beginnt Marly Rothenfluh ihre Erzählung. Mit knapp drei Jahren werden sie und ihr drei Jahre älterer Bruder Halbwaisen. Da die Grosseltern eine eigene Gärtnerei betreiben, können sie sich der Kinder nicht annehmen. «So wurden wir halt verteilt», meint Marly Rothenfluh nüchtern. Ihr Bruder sei bei einer Tante im Elsass untergekommen, sie bei einer anderen Tante in Luzern.

Wieder daheim

Doch die Trennung ist nur vorübergehend. Nach ein paar Monaten ist die Familie wieder vereint. Der Vater heiratet ein zweites Mal und die Kinder bekommen eine Stiefmutter. «Sie war eine tüchtige Frau, die uns viel gelehrt hat», meint die 89-Jährige und ergänzt mit Bestimmtheit «aber die Mutter kann man nicht ersetzen.» Umso mehr geniesst sie bis heute die Beziehung zu ihrem Bruder und den beiden Halbgeschwistern. «Wir Vier haben ein super Verhältnis. Wir telefonieren häufig miteinander oder unternehmen etwas zusammen.»

«In England wäre ich gern geblieben»

Das nächste Kapitel in Marly Rothenfluhs Erzählung führt uns nach England, wo sie als junge Frau, um Sprachen zu lernen, zwei Jahre verbringt. «Ich war bei einer Familie, die zwei Buben hatte und habe mich da Zuhause gefühlt.» Aufgrund geschäftlicher Verpflichtungen sei der Familienvater häufig im Ausland gewesen. Seine Ehefrau habe Asthma gehabt und sei für längere Zeit in Deutschland in Spitalpflege gewesen.

«Ich war alleine mit den Kindern, aber das ist ganz gut gegangen, sie haben mir geholfen.» Dann erzählt Marly Rothenfluh lachend von einem berührenden Moment: «Am Muttertag brachte mir der ältere Sohn, er war damals im Kindergartenalter, einen Strauss Flieder aus dem eigenen Garten. Ich sagte ihm es sei ‹Mother’s Day›, er müsse die Blumen seiner Mami bringen. Darauf meinte er nur, dass ich und nicht seine Mutter viel für sie tue.» Schliesslich sei der Blumenstrauss halbiert worden. Die eine Hälfte habe sie dankbar entgegengenommen, die andere Hälfte habe der Bub seiner Mutter gebracht.

Altes Brot und Anbauschlacht

«Jeregottundvater! Wenn man da zurückdenkt…» Mit diesen Worten schlägt Marly Rothenfluh in ihrer Lebensgeschichte die Seiten über die Kriegsjahre auf. Bei nächtlichen Truppenverlegungen hätten sie den Soldaten jeweils Tee und den Pferden Eimer voll Wasser gebracht.

Der Krieg sei natürlich schon eine ganz «wüste» Zeit gewesen. Sie erinnert sich an eine Freundin, deren Eltern eine Bäckerei hatten. «Sie durften das Brot erst verkaufen, wenn es zwei Tage alt war.» Weil man so weniger davon gegessen habe. Die Nachbarn hätten jeweils Lebensmittelmarken untereinander getauscht. «Wir benötigten zum Beispiel keine Schokolade, dafür hatten wir gerne Kaffee.»

Zurück im Hier und Jetzt schwärmt Marly Rothenfluh vom «Heim im Bergli», ihrem jetzigen Zuhause in Luzern. «Es gefällt mir hier so gut, ich könnte es nicht besser haben.» Ausserdem freut sie sich, dass ihr Sohn und ihre nette Schwiegertochter ganz in der Nähe wohnen.

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