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Lebensgeschichte Mina Rui-Oppliger – sinnliche Momente und schmerzhafte Verluste

«Ein altes Haus, aber ein kleines Paradies», so bezeichnet Mina Rui-Oppliger ihr Zuhause, in dem sie ihre ersten Lebensjahre verbracht hat. Trotz etlicher Schicksalsschläge sei ihre Kindheit und Jugend wunderschön gewesen, erzählt die 95-Jährige mit gerührter Stimme.

Aus dem Fotoalbum von Mina Rui-Oppliger

Mina Rui-Oppliger wird am 8. Juni 1919 an einem schönen Sonntagmorgen in Wasen im Emmental geboren. Sie ist drei Jahre alt, als die Familie das Emmental verlässt und ins luzernische Menznau zieht, auf einen Hof namens Hühnerhüsli.

Ein Traum wird wahr

Für Vater Oppliger erfüllt sich mit dem eigenen Heimet ein Traum, für seine Tochter Mina eröffnet sich ein kleines Paradies. Sie geniesst das Haus mit der heimeligen Küche und mehr noch den grossen schönen Garten. «Es gab viele Beerensträucher und viele Bäume mit den besten Birnen- und Apfelsorten, nach denen man heute vergebens sucht», erinnert sich die heute 95-Jährige.

Detaillierte Lebenserinnerungen

Vor ein paar Jahren hat Mina Rui ihren eigenen Lebenslauf verfasst. Sie hat ihn mit viel Liebe zum Detail geschrieben. Beim Lesen tauchen lebendige Bilder aus einer längst vergangenen Zeit auf. Der Leser begegnet einer Familie, in der Selbstversorgung und Fürsorge gross geschrieben wurde.

«Mutter kochte nach bester Emmentaler Art. Die 20 Hühner lieferten genug Eier für die beliebten Öpfelchüechli und die verschiedenen Backwaren. Ausser Öl, Salz und Zucker war alles da». Mina Ruis Mutter war nicht nur eine gute Köchin, sondern auch eine tüchtige Näherin. Die Stoffe erhielt sie als Spende von ihren Verwandten im Emmental.

Im Herbst leuchtete der Waldboden goldgelb, so viele Eierschwümmli gab es dort.
Autor: Mina Rui-Oppliger

Ihr Vater habe immer betont, dass man auf eigenem Boden eine Familie auch in schlechten Zeiten ernähren könne. Zum eigenen Boden gehörte damals auch ein nahe gelegener Wald, in dem die Kinder Heidelbeeren und Pilze fanden. «Im Herbst leuchtete der Waldboden goldgelb, so viele Eierschwümmli gab es dort, auch Steinpilze. Wir füllten sie in Körbe und verkauften sie in Willisau in den Restaurants», erzählt Mina Rui.

Ende einer unbeschwerten Kindheit

Den ersten Schicksalsschlag muss die Familie Oppliger 1923 verkraften. Tochter Hanny stirbt im Alter von acht Jahren an den Folgen einer Hirnhautentzündung. Sechs Jahre später trifft ein weiteres Unglück Haus und Hof, die durch das Feuer nach einem Kaminbrand vollständig zerstört werden. Rückblickend auf diese Tragödie meint Mina Rui heute, mit diesem Ereignis sei ihre unbeschwerte Kindheit zu Ende gegangen.

Ihre Eltern sind fest entschlossen, Haus und Scheune wieder aufzubauen. Dank einer Bürgschaft können sie den Wiederaufbau in Angriff nehmen. Kurz vor Weihnachten kann die Familie ihr neues Zuhause beziehen. Für den Weihnachtsbaum fehlt es zwar noch an Weihnachtsschmuck, umso mehr erfreut das Geschenk der Grosseltern die Kinderherzen: je ein Berner Lebkuchen mit einem Fünfliber. Die kurze Freude wird durch eine weitere Hiobsbotschaft getrübt. Der Vater muss der Familie leider mitteilen, dass sie das Hühnerhüsli wieder verlassen müssen, weil der Bürge sein Geld zurück verlange.

Mit Optimismus durch die Stürme des Lebens

1931 stirbt die siebenjährige Tochter Trudy an einer Blutvergiftung, die sie sich durch einen rostigen Nagel zugezogen hat. Ein Jahr später wird das Haus, in dem Oppligers nun wohnen, nach einem starken Unwetter durch Hochwasser unterspült und unbewohnbar. Die Familie muss sich einmal mehr nach einer neuen Bleibe umsehen.

Nach dem Unwetter hing unser Haus quasi in der Luft, alles wurde weg geschwemmt.
Autor: Mina Rui-Oppliger

Doch Vater Ernst Oppliger ist optimistisch, er lässt sich nicht so leicht unterkriegen und richtet seinen Blick stets nach vorne. Er habe gehört, dass das Heimet Haberbri zur Pacht frei sei, beruhigt er seine Kinder. Kaum gesagt, erhält er den Zuschlag. Die Familie bezieht noch am gleichen Tag – an einem Pfingstmontag – ihr neues Zuhause. Dort verbringt Mina Rui-Oppliger noch ein paar Monate in der Geborgenheit ihrer Familie, bevor sie loszieht als junge Erwachsene Geld für ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.

«Lebensgeschichten» im «Sinerzyt»

SRF Musikwelle strahlt die «Lebensgeschichte» von Mina Rui-Oppliger in drei Folgen aus. In weiteren Episoden erzählt die heute 95-Jährige von ihrer Ausbildung und ihrem Berufsleben sowie von ihrer Zeit als Au-pair in London bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Jeweils am Dienstag in der Sendung «Sinerzyt» um 09.40 Uhr.

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