Mit den Tenören verhält es sich in der Oper wie mit den Sopranistinnen: Sie gelten als die heimlichen Stars. Entsprechend stolz zeigte sich Domingo auch stets über sein Stimmfach. Nach wie vor hält er sich körperlich fit, um für die Bühne in Form zu bleiben. Das Alter fordert aber auch bei ihm Tribut. So wechselte er vor etwa zehn Jahren ins etwas tiefere Bariton-Stimmfach. Auf diese Weise könne er seine Karriere noch ein wenig verlängern.
80 Minuten Standing Ovation
Auf der Bühne muss Domingo längst nichts mehr beweisen. Während das Repertoire seines Vorbildes Enrico Caruso (1873-1921) 40 Rollen umfasste, sang er selber mehr als 150 Partien. In Wien erhielt er einmal 80 Minuten lang Applaus und etwa 100 Vorhänge. Er trat rund 4000 Mal auf und begeisterte als Otello, Parsifal, Lohengrin, Nabucco oder Rigoletto nicht nur mit seiner Stimme, sondern auch mit seinem Charisma, seiner Schauspielkunst und starker Bühnenpräsenz.
Ich habe in der Musik noch viele Träume zu verwirklichen: Rollen, die ich sowohl in der Oper als auch in der Zarzuela erstmals spielen möchte.
Die Drei Tenöre
Seine grössten kommerziellen Erfolge feierte Domingo, der als Kind eher Stierkämpfer oder Fussballprofi werden wollte, als einer der Drei Tenöre. Zusammen mit Landsmann José Carreras (74) und dem 2007 mit knapp 72 Jahren gestorbenen Italiener Luciano Pavarotti trug er dazu bei, klassische Musik und Oper populärer zu machen – eine Lebensphase, auf die er heute bisweilen ein wenig wehmütig zurückblickt.
Jonas Kaufmann ist kein Erbe
Trotz seiner weiteren Karrierepläne: Der Abschied von der Bühne rückt näher. Gibt es einen würdigen Nachfolger? Jonas Kaufmann vielleicht? «Jonas ist ein grosser Künstler, den ich sehr bewundere – aber ich würde ihn nicht als meinen «Erben» bezeichnen, räumt Domingo ein.» Kaufmann (51) habe schliesslich seine eigenen stimmlichen und interpretatorischen Fähigkeiten, die ihn einzigartig machen.