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Lebensgeschichte Heidi Enz' steiniger Weg zum Glück

Ab und zu ein tiefer Seufzer gibt Heidi Enz beim Erzählen ihrer Lebensgeschichte von sich. Als alleinerziehende Mutter hatte sie es selten leicht. Erst in der zweiten Lebenshälfte konnte sie anfangen, das Leben zu geniessen. Heute lebt die 76-Jährige im Alterswohnheim Neukirch TG.

Heidi Enz' Leben war nicht nur einfach. Der Alkoholmissbrauch bei Familienmitgliedern hat ihr Leben in den ersten Jahrzehnten sehr kompliziert gemacht.

Ich musste meinen betrunkenen Vater oft in der Kneipe abholen.
Autor: Heidi Enz

Schon als Kind übernahm Heidi Enz viel Verantwortung. «Es geht doch nicht, dass man einen Gast abfüllt und ihn dann abholen lässt», habe sie der Wirtin einmal offen und ehrlich gesagt. Worauf diese meinte, sie sei ein ziemlich freches Mädchen.

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«Als kleines Mädchen habe ich der Wirtin die Meinung gesagt»
aus Sinerzyt vom 22.01.2019. Bild: SRF
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Die Trunksucht des Vaters ergab später für Heidi Enz einen winzigen Vorteil. Wurde ihm wieder einmal der Fahrausweis entzogen, stand ihr ein Auto zur Verfügung.

Heidi Enz war zwei Mal verheiratet. Ihr erster Ehemann hatte wie ihr Vater auch, ein Alkoholproblem, weshalb sie ihn verliess. Auch ihre zweite Ehe ging in die Brüche und so musste sie als junge Frau selber für ihre drei Kinder sorgen.

Ausbildung in der Papeterie mit Künstlerbedarf

Die Lehre hat Heidi Enz in St. Gallen in einer Papeterie gemacht, die bei Künstlern beliebt war. Das war für sie eine Traumstelle, gingen im Geschäft doch viele Künstler ein und aus. Betrat zum Beispiel Hans Erni das Geschäft, legte Lehrlingstochter Heidi beim Putzen der Gestelle eine Pause ein.

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«Ich war nur ‹Stift› und durfte Künstler wie Hans Erni nicht bedienen»
aus Sinerzyt vom 17.01.2019. Bild: Colourbox
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Der Ehemann der Lehrmeisterin war ebenfalls Künstler. Bei ihm besuchte Heidi Enz ein paar Malkurse. Später fand sie leider kaum noch Zeit zum Malen und ihre Leidenschaft verkümmerte. Was ihr aus diesen Jahren geblieben ist, ist eine Sammlung mit Kunstkarten.

Den Kindern zuliebe flexibel gewesen

Nach der Verkaufsstelle in der Papeterie verdiente sich Heidi Enz ihr Geld als Köchin in einem Heim. In Basel, wo sie mit ihrem zweiten Ehemann wohnte, arbeitete sie in einem Büro. Später übernahm sie nebenbei noch einen Job im Service, um sich und ihre Kinder über Wasser zu halten.

Ich hatte ein bewegtes Leben, bin eine stolze Grossmutter und habe heute alles, was ich brauche.
Autor: Heidi Enz

Mit grosser Beharrlichkeit ist sie ihren Weg gegangen. Als die Kinder dann selbstständig wurden, begann sie so richtig zu leben. «Diese neue Freiheit habe ich sehr genossen», bilanziert die 76-jährige Thurgauerin. Sie sparte zum Beispiel Feriengeld und begann zu reisen. Vor allem die Reise nach Russland hat sie tief beeindruckt. «Dort gibt es wunderbare Bauwerke. Daneben bin ich auf Schritt und Tritt grosser Armut begegnet und mir wurde bewusst, wie gut es mir eigentlich geht.»

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«Die Reise nach Russland hat mich am meisten beeindruckt»
aus Sinerzyt vom 21.01.2019. Bild: Colourbox
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Heute ist Heidi Enz eine glückliche Grossmutter. Die Enkelkinder bereichern das Leben der Thurgauerin. «Sie sind mein Ein und Alles», erzählt sie glücklich.

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